Archiv der Kategorie: pflanzen

甘茶 Hydrangea macrophylla var. thunbergii und ein Menschenfeind

S. bringt mir eine japanische Tee-Hortensie. Ihre Blätter sind sehr süß, mehr als Zucker, sagt sie. Man kann die Blätter fermertieren oder nur so einen Tee daraus kochen. Er muss lange ziehen, so 20 Minuten. Ich kannte die Pflanze bis jetzt nur als Zierpflanze, die Blütenstände sind wunderbar, weiß und lila. Auf dem Balkon sind die Kornblumen durch, ins Straßenbeet setze ich noch einmal Ziersalbei und ein paar Disteln.

Frustriert und gefühlt einsam diese Tage. Die AFD liegt mittlerweile bei 20%, die Gespräche darüber ziehen mich eher runter. Viel Gejammer und Schuldzuweisungen an die anderen, wenig Kampfgeist. Die Linken geben der Mitte die Schuld, die Mitte gibt den Linken die Schuld, wie gut, dass niemand irgendetwas ändern muss. Und man hätte ja, aber die anderen… Thomas Krüger, der Chef der Bundeszentrale für Politische Bildung sagt: Eine Demokratie ohne aktive Demokratinnen und Demokraten – das geht eben nicht. Man kann sie nicht nur an Berufspolitiker delegieren, Natürlich haben nicht alle die gleichen Ressourcen, was Kraft und Zeit angeht, aber wenn jeder die Woche nur ein bis zwei Stunden in politisches oder zivilgeselschaftliches Engagement investieren würde, wäre schon vieles besser. Das muss nichts zwangsweise eine Partei sein. Maile mit M. und trete ihm auf die Füße, er verspricht das auf einer seiner nächsten Lesungen zu thematisieren. Immerhin. Viel Ekel vor den Alt-Linken, die schon seit Ewigkeiten nichts mehr machen wollen. Noch mehr Ekel vor den gut ausgebildeten Akademikerinnen und Akademikern, die es besser wissen könnten und die oft bessere Ausganslagen haben, was Ressourcen angeht. Die aber außer Arbeiten und Privatisieren nichts machen wollen. Ekel auch vor Jenen, die außer Aufregungen auf Twitter nichts zustande bringen und denken, das wäre politische Arbeit. Auch immer weniger Lust, Zeit mit solchen Leuten zu verbringen. Ich bin kein Menschenfreund zurzeit, fürchte ich. Und privat ist auch nichts, was mich wärmen würde.

(Edit: Was mich diese Woche schockierte: Elisabeth wurde von iranischen Milizen im Irak entführt)

Ein Wochenende im Mai

Seit einer halben Ewigkeit mal wieder in der Tufa. Saif-al-Khayyat-Trio. Das Trio, das eigentlich aus vier Leuten besteht, spielt eine Mischung aus arabischer Musik und Bach, was ganz bezaubernd ist. Die Deutschen (Akkordeon und Cello) sind so deutsch, wie man nur deutsch sein kann. Der Akkordeonspieler ein blonder Hühne, sie alternativ und schlecht angezogen. Mich wieder gefragt, woher die deutsche Alternativszene diese Idee des Schlecht-Angezogen-Seins eigentlich her hat. Eine Eigenschaft, die in südlichen politischen Kontexten oder Künstlermilieus komplett unbekannt ist. Mich kickt die Kombination Oud und Daf sehr, und ich erwerbe im Nachgang gleich eine CD per IMusic. Lerne dabei Nora Thiele kennen, ganz wunderbar. Immer noch ziemlich kaputt vom Tod meiner Mutter und dem Drumherum, bei der zweiten Zugabe will ich einfach nur nach Hause, obwohl es sehr gefällt.

Am nächsten Morgen klingelt um halb sechs der Wecker, ich fahre nach München, dem Künstler bei seiner Ausstellung die Ehre erweisen. Denke schnell: Du bist doch bekloppt! Und: Aus dem Alter Ich-fahre-mal-eben-für-ne-Party-nach-Berlin solltest Du eigentlich raus sein. In Mannheim frühstücke ich und erwerbe einen Bogenhanf als Geschenk, eine deppensichere Pflanze, die im Grunde nicht umzubringen ist. Die Ateliergemeinschaft liegt ein wenig außerhalb, auf einem ehemaligen Krankenhausgelände, wunderschön im Grünen, das in den 80ern besetzt wurde. Allerlei Vereine und Initiativen finden sich hier, bedroht 2025 da rauszufliegen, man kann da sicher schöne Eigentumswohnungen bauen. Der Vorteil, wenn man sehr müde ist, ist, dass man nicht nervös und im Halbschlaf alles ok ist. Der Künstler hat 2 Bilder verkauft und scheint glücklich zu sein. Er kippt Kaffee in mich hinein, damit ich so zappelig wie er werde. Wir diskutieren über „das Sehen“, das macht mich schlau und ihn ruhig. Frage mich hinterher, ob ich mich mehr mit den Bildern hätte beschäftigen müssen, andererseits will man ja mit dem Menschen reden und nicht mit den Bildern, wenn man schon mal da ist. Der Künstler sagt, man sieht sofort, ob jemand wirklich interessiert ist oder nicht. Ich lerne: Auf einer Vernissage sagt man nicht „Ich male auch“. Nebenan ist der Proberaum des Künstlers, weil er auch Musik macht. Menschen kommen mit Instrumenten und sie spielen was. Der Künstler hat eine schöne Stimme und singt wunderbar. Aber ich ermüde schon wieder sehr schnell und seile mich bald ab. Am nächsten Tag Schokolade bei Läderach bevor ich nach Hause fahre. Könnte ein München-Ritual werden.

München, Reste

Auf dem Rückweg die Pflanzen fallen lassen, die Zinnien überleben es nicht bis auf 3. Ich setze sie schnell um. Bei den anderen wird man sehen.

Reste: Der jüdische Friedhof ist an Shabbat geschlossen und so besuche ich Gustav Landauer an einer Graffiti-Wand in Giesing. Das nächste Mal also. Und Dachau auch. Im MUCA fühle ich mich unwohl und bedrängt. Ich haue schnell wieder ab.

Der Künstler malt mit seinem Kaffee & ist offensichtlich nicht ganz dicht. Ich habe ihn also gern. Auch: Sehr deutsch, sehr verkopfert, fürsorglich. Die Zeichnerei ist ihm festes Terrrain und so werde ich durch eine Postkarte geschupst, zwecks gemeinsamer Zeichnerei. Das nächste Mal überrumpele ich dich, denke ich. Dann legst Du mir einen Druckverband. Die Karte (schön geworden) geht an U., wo ja sonst nicht mehr viel geht. Der andere CG ist seit einer Woche verschwunden, was mich langsam beunruhigt. Er wollte mit dem Rad 43km nach Oldenburg fahren, das Telefon ist seit Tagen nicht connected. Anderseits hatte er schon immer ein Talent für’s dramatische Verschwinden. Von M. daheim im Kasten eine Urlaubspostkarte. Er schreibt von einem Ferienpark „der sieht aus wie Steilshoop im Urlaub“. Hole alte Fotos aus dem Regal und ich bilde mir das tatsächlich nicht ein: CG1 und CG2 sehen sich relativ ähnlich.

Was mir nachhängt: Beckmanns Fenster-Aussichten, dass seine gemalten Gesichter oft halb verdeckt sind oder wegschauen, dass man roten Felsen mit Sonnenblumenöl mischen könnte, die Amazon-Halle, D. in der Maschinenhalle malen (?- will er nicht, will er nicht!), der U-Bahn-Mann, Tropenhölzer. Was ansteht: Alltagsgedöns, Wäsche, Einkaufen, Rechnungen bezahlen.

P.S. Achja, ich kaufte einen roten Mantel.

22.11.22

Frau Mama sagt, 22.11.22 wäre ein schönes Datum zum Bloggen. So sei es.

Die kleinen Datteln der Kanarischen Dattelpalme lassen sich einpflanzen und neue Palmen daraus ziehen, sagt der Wanderführer und ich stecke drei in die Hosentasche. Wenn man das Fruchtfleisch entfert, bleiben Samen übrig, die wie Kaffeebohnen aussehen. Man macht aus den Früchten einen Sirup der wunderbar zu Ziegenkäse schmecken soll. Früher nannten sie ihn Palmhonig, das hat die EU verboten, da keine Bienen im Spiel sind – dann eben Palmsirup. Zum Essen sind die Früchte zu klein und fleischlos, werden aber an Tiere verfüttert. Mir tun die Beine nach der Wanderung weh, ich bin nicht wirklich eingelaufen.

Die Stifte, die ich mitgenommen habe, gefallen mir nicht und so suche (und finde) ich eine Papeleria am Hafen. Der Besitzer erklärt mir in hektischem Englisch, dass er keine Kartenzahlung akzeptiere, für mich aber eine Ausnahme mache. Natürlich kaufe ich auch noch ein Notizbuch, das ich nicht brauche (Hallo Maarten). Ich mag den Typen und seinen Laden und bevor ich wieder abreise, kaufe ich sicher noch einmal etwas, das ich nicht brauche.

Die Insel ist voller ältlicher Hippies, die irgendwie in den 80ern hängen geblieben sein müssen. Ich lande auf dem Rückweg ernsthaft in einem Laden mit gebatikten Klamotten, der nach Patschuli riecht. Am Nachmittag sitze ich auf den Balkon und male arabische Wörter auf Karten, Kalligraphie mag ich das nicht nennen. Ein Arbeiter „schält“ die Palmen am Straßenrand mit einer Motorsäge. Das dient dem Insektenschutz. Die können sich in den „Schuppen“ einnisten und Schaden anrichten. Anderen wäre das zu wenig Urlaubsfeeling, aber ich mag die Arbeitsatmosphäre. Als er bei „meiner“ Palme landet verkrümele ich mich ins Wohnzimmer, der herüberwehende Palmenrindenstaub macht weiter zeichnen unmöglich. Später die Runden im Pool absolviert. ich schwimme die Normzeiten für den Rettungsschwimmer nach Corona immer noch nicht.

Randbemerkt: Ich könnte hier auch gut überwintern. Gibt wenig, was mich im Moment zu Hause hält.

Netzleben: Ich will den Twitter-Account eigentlich dicht machen, tue mich aber schwer, einige zu verlieren: Frau Mama, Harm, Fab, Opa Antifa, den alten Saed. Aber es nervt schon beim Lesen: Nicht ein Tag ohne leidige Aufregungsdiskussion (Fußball, Binden). Ich bin so alt, ich will da keine Lebenszeit mehr drauf verschwenden (und im Urlaub schon gar nicht). Ein wenig schwappt schon nach Mastodon rüber, schalte alles stumm, was mich damit vollmüllt. Schön: Poux und South, die sich vor einigen Jahren von Twitter verabschiedet haben, sind auf Mastodon wieder da.

Enger September

Ein viel zu voller September von dem ein Plakat, ein neues Beratungsformat, eine Bescheinigung als Sanitäterin und ein neuer Mitarbeiter zurückbleiben werden. Für den Rest des Jahres nichts mehr auf den eh schon gut gefülltem Kalender packen, aber -jaja- schnell noch „Rom“ vielleicht. Nach der Wahl der Faschisten dann das Unwohlsein bezüglich dieser Entscheidung.

Jede/r projiziert in die Prosteste im Iran das hinein, was ihm/ihr am nächsten ist. Für mich ist es die Tishreen-Revolution im Irak 2019. Die Toten, die wochenlange bizarre Gewalt. Tränengasgranaten werden direkt in die Köpfe der Menschen geschossen. Das Internet immer wieder abgeschaltet, viel zu wenig Reaktionen in den Medien. Wochenlange Versuche zumindest auf Twitter eine Öffentlchkeit herzustellen. Ich habe die Videos der rauchenden Köpfe gesehen. Etwas ist kaputt gegangen damals, was nicht repariert werden kann.

Was deprimiert: Der unterschwellige Gedanke, dass auch dieser Protest scheitern wird. Das ist nicht gut.

Meditiere seit langer Zeit mal wieder regelmäßig, ruhiger und fokussierter deshalb. Die irrwitzige Wut, die den Sommer immer wieder mein Begleiter war, reduziert sich auf ein erträgliches Maß. S. und A. sprachen mich schon darauf an: Meine ständigen Konfrontationen wären nicht zielführend. Im Grunde sind es Distanzierungstechniken: Ich kann die Wut auf einen Tisch neben mich legen und anschauen. Das erste was sie ausspuckte war eine Liste an Tritten, begonnen bei der Tishreen-Revolution bis heute. Mal sehen, was noch kommt.

Handfestes und Wärmendes: Theorie mit 35/35 richtigen Fragen bestanden, zwei Szenarien (Nesselverbrennung/Bauchverletzung) und Herz-Lungen-Wiederbelebung mit Guedel- und Larynxtubus bestanden. Jetzt offiziell Sanitäterin. Es gilt also die Freistellung bei Aufgaben der Gefahrenabwehr und der Nothilfe. Mir privat eine Beatmungsmaske und ein manuelles Blutdruckmessgerät zugelegt. Im Einsatz wird nur manuell gemessen, was man üben muss. Es lärmt um einen herum und das „klackern“ des Blutdruckes ist nicht leicht zu hören. Die Beatmungsmaske habe ich lieber, weil ich auf direkte Mund-zu-Mund-Beatmung während Corona gut verzichten kann (und eigentlich auch sonst immer).

Von der Grünzeugfront gibt es wenig Neues: Gewachsen ist eine Platterbse aus Samen. Für Setzknoblauch bin ich zu spät, der Gärtner empfiehlt mir einfach Knollen aus dem Supermarkt. Ich setze acht Zehen, sowohl gespannt als auch skeptisch. Die Chili-Pflanzen, die ich letztes Jahr aus einfachen Samen der Supermarkt-Schoten gezogen habe sind eher kümmerlich.

Zuletzt: Mein Arabisch-Konversations-Kurs entfällt wegen Teilnehmermangel, va bene perché posso imparare di più l’italiano. لكني أيضا أحب اللغة العربية كثيرا

Dürre-Gang

Beschlossen, das 9-Euro-Ticket für einige After-Work-Wanderungen zu nutzen. In der Bude hocken und Bücher lesen kann ich auch im Winter. Nach den langen Phasen des Homeoffice mag ich auch nicht allzu viel zu Hause sein. Ich starte mit der Eifel-Strecke, die nach der Flut bis Kyllburg für den Zug wieder befahrbar ist. Als ich in Daufenbach aussteige, sagen mir zwei ansässige Hippies, dass die Fußgängerbrücke nach Kordel noch nicht wiederhergestellt sei, ich könne aber über die Eisenbahnbrücke laufen, sie würden das auch immer machen. Dafür bin ich zu feige und fahre eine Station zurück und laufe dann von Kordel an der Mariengrotte vorbei Richtung Butzenbachtal. Als ich dort ankomme wird es schon dunkel und ich setze mich nur noch 15 Minuten auf eine Bank, lausche der Stille und blicke auf ein Feld von drüsigem Springkraut, das hier wie überall vor sich hin wuchert.

Am nächsten Tag von Pfalzel an der Mosel Richtung Trier. Die Route ist nicht gut gewählt, weil um diese Tageszeit so gut wie schattenlos. Ich bin erstaunt wie viel Kraft die Sonne um 18 Uhr noch hat. Ich muss an einzelnen schattigen Plätzen, die ich auftreiben kann, jeweils pausieren. Ich habe nur einen halben Liter Wasser und keine Kopfbedeckung. Einen Teil des Wassers verteile ich auf Arme und Hals, wenigstens etwas Verdunstungskälte. Ein junger Mann läuft in etwas Abstand vor mir, ansonsten nur Radfahrer, die den Fahrtwind genießen. Ich teste das erste Mal eine Wander-App: Outdooractive. Gefällt mir ganz gut.

Am Abend mit K. über die Eindrücke der Dürre geschrieben. Weiß gar nicht wie man mit anderen darüber reden soll, damit es nicht nur anekdotisch ist, schreibt er.

Die Wälder in der Eifel sind streckenweise sehr angegriffen. Der Rhein bei Koblenz ggf. nicht mehr befahrbar. Die Winzer sagen, wenn es im August keinen Regen gibt, dann ist die Ernte für dieses Jahr hin. Der Baum auf meinen Straßenbeet hat braune Blätter. Seit Wochen brennt es täglich um Trier, die Feuerwehren leisten immenses. Ich halte mich daran fest, dass es nächstes Jahr besser sein wird. Was sollte ich auch sonst machen? Wer kann schon fassen, dass wir uns tatsächlich selbst beim Verdunsten zusehen? Und: Nach 300.000 Jahren Mensch lande _ausgerechnet_ich_ in dem Aussterbens-Zeitspalt.

Am Schreibtisch: Die Zoom-Lizenz gekündigt. Überlegungen,, was gespart werden kann, um die Energiepresierhöhung im Winter abzufangen. Ich war nie gut im Umgang mit Geld, hatte noch nie einen Überblick. Habe das Konto allerdings auch noch nie überzogen. Andere haben aufwendige Aufstellungen.

Zwischendurch das Attentat auf Rushdie. Die Statanischen Verse aufs Kindle geladen, anstrengend zu lesen, aber auch unterhaltsam. Niemand Offizielles kritisiert den Iran, vielleicht möchte man noch Geschäfte mache. Fast zeitgleich ein völlig merkbefreites Meinungsstück in der TAZ bei der die Autorin allen ernstes behauptetet, der Prostest von Iranerinnen gegen den Hijab sei eigentlich nur Ausdruck westlicher Ideologien. Dieses Framing muss man erst einmal hinbekommen, angesichts der Tatsache, dass die Aktivistinnen ihre Unversehrtheit aufs Spiel setzen und natürlich im Knast landen können.

Sonntag dann von Kasel nach Tarforst. Das Ruwertal ist kälter und feuchter als der Rest der Gegend und somit noch hinreichend grün.

Auf der anderen Seite auf der Anhöhe ein wunderbarer Blick über Tarforst. Ruhe auch, das Leben hält die Klappe. Hier allerdings wieder verstärkte Trockenheit. Ich komme nicht damit klar, dass ganze Bäume vertrocknen und es sind nicht einmal junge.

Zu Hause dann Fotos sortiert. Schon 2593 dieses Jahr. Auch hierbei fällt mir auf, wie warm es schon im Januar war, ich habe gegen Ende schon die ersten Blumen raus gesetzt. Und das waren keine Krokusse.

Fuerteventura-Notizen

Fetthenne
  • Die Biographie von Angela Merkel ist genauso zäh wie ihre Regierungszeit
  • M. wurschtelt sich seit 27 Jahren durch. Reiseleiterin, Sprechstundenhilfe, Übersetzerin, Kosmetikverkäuferin. Während Corona hat sie sich ihre Rente auszahlen lassen und auf den Kopf gehauen. Diese Ruhe hätte ich nicht.
  • Ich kann nicht glauben, dass M2 geschieden ist. Hätte immer gedacht, er ist so ein Familienmensch. Und mit mir war ja nicht viel mit Familie.
  • Runterfahren: Schlaf stellt sich schnell ein, die Alpträume brauchen 2 Tage bis sie weg sind.
  • Diät kann man auch ablehnen. Seit einem bestimmten Alter (wann war das?) brauche ich immer eine Woche im Jahr einen Abhängurlaub mit Vollversorgung. Ist mir egal, ob das spießig ist.
  • Aloe Vera funktioniert wirklich bei Sonnenbrand
  • Mir fehlt der Wind so in Trier. Überhaupt: Jetzt fährt man im Sommer auf die Kanaren, weil es da so schön kühl ist. M. sagt, sie freut sich, wenn mal kein Wind da ist.
  • Es ist schwer hier soziale Netzwerke aufzubauen, sagt M. Die mesiten bleiben nicht auf Dauer.

Sommerkämpfe

Im Kampf mit der Trockenheit Samen für Natternkopf bestellt und ein Buch mit dem passenden Titel Garten ohne Gießen. In Wahrheit steckt dahinter die heimliche Hoffnung, dass, wenn ich das Beet nächstes Jahr wüstentauglich mache, der Sommer verregnet wird.

Erstmals Bekanntschaft mit Brennhaaren einer Raupe gemacht, der Ausschlag am Oberschenke sieht interessant aus. Für den Eichelprozessspinner ist es eigentlich zu spät, es könnte ein Widderchen gewesen sein. Der daraus entstehende Schmetterling ist wunderschön, also vergebe ich.

(Edit: Rausgefunden, dass die Raupen des Eichelprozessionsspinners doch bis Juli unterwegs sein können).

Foto: Ivar Leidus, CCBYSA 4.0

Samstag.

Noch vor dem Frühstück über „Schönheit“ nachgedacht. Die Menschen sind zu dick, zu dünn, zu größ, zu klein, zu alt und mittlerweile alle in der Ich-mag-mich-so-wie-ich-bin-Haltung. Was mich daran irritiert, ist die tatsächliche Fixierung auf die Körperlichkeit und nicht auf die Handlungen und Haltungen, die damit verbunden sind. Sich schminken, zum Friseur gehen, sich zurechtmachen. Die auch gar nicht zwangsweise auf einen anderen ausgerichtet sein müssen, sondern eine Form sind, sich selbst Aufmerksamkeit zu schenken. Ich habe nicht immer Lust dazu, würde sie aber nicht missen wollen. Ich schaue auch gerne Menschen in alten Filmen oder Fotografien an, die gut gekleidet sind. Sie nehmen sich und die Öffentlichkeit ernst.

Diese Woche herausgefunden, dass ich zu den oberen 10% der Einkommensverteilung gehöre. Dabei habe ich nicht einmal etwas „sinnvolles“ studiert. Bisschen schlechtes Gewissen dabei. So viele wurschteln sich jetzt durch, von denen ich denke, dass sie viel begabter sind als ich. Erinnerungen an das Gepräch mit D. im Frühjahr, über die intellektuellen Bekannten, die sie jetzt komisch anguckten, weil sie als Kindergärtnerin arbeitet.

Morgen Mitgliederversammlung von Verdi. Ich war noch nie auf einer Gewerkschaftsversammlung, auch lange überhaupt nicht in der Gewerkschaft, weil mir das staubig und antiquiert vorkam. In diesen Zeiten nun mehr als glücklich über die Entscheidung- Man wird es noch brauchen können. Auch mit der eigenen Personalratsarbeit zufrieden. 13 Höhergruppierungen dieses Jahr durchgesetzt. Das ist gut.

Die Bäckersfrau beschwert sich, dass das Straßenbeet qua Trockenheit gar nicht so bunt ist, wie in den letzten Jahren. Die Setzlinge entwickeln sich im Gegensatz zum Balkon auch kaum, nur kümmerliche Mini-Petunien, Mini-Zinnien, Mini-Astern. So fahre ich ins Gartencenter und besorge Sonnenhut, den mit der Dienstag hoffentlich nicht wegbrennen wird.