Archiv für den Monat: Juli 2024

FFM again

Mit Frankfurt verbindet mich jetz eine 20jährige Geschichte, begonnen mit der Wikimania 2005 über ein Referendariat einer Freundin bis hin zu einer weiteren syrischen Freundin, die erst in Trier lebte und nun dort bei der Commerzbank arbeitet. Bestimmte Rituale haben sich eingeschlichen, so dass Dumpling-Essen bei Aunty Zongs Noodle Bar und der Besuch des Palmengartens. Neu hinzu kommt der Besuch des Kapuziner-Klosters, direkt am Hauptmarkt gelegen. Eine Kerze anzünden, später merken, dass man da eigentlich keine Fotos machen darf, aber ich mag das Mosaik im Innenhof so, ich glaub, das ist der Dornenbusch, der da rechts oben brennt? Jedenfalls alles modern, man kann jetzt auch mit EC-Karte spenden und muss nicht Münzen oder sonstwas einwerfen.

Eine neue Entdeckung: Der Haupfriedhof. Ich habe erst Probleme, Adorno zu finden, aber eine tapfere Pilgerin lässt sich nich abbringen. Schopenhauer finde ich schnell, sein Grab ist aber nicht besonders schön. Irgendwann beschlossen, mich perspektivisch von meinen 15 Parfums zu trennen und nur noch wenige, teure zu besitzen. Dementsprechend auf der Zeil einen Zerstäuber und Nachfüllampullen Chanel No. 5 gekauft. Ein Gefühl wie damals, als ich mir einen Waldmann-Füller kaufte, ein teures Schreibgerät, das man auch den Rest des Lebens haben wird. Auf der Zeil treffen sich Hare Krishnas, Palästina-Demonstranten, missionierende Salafisten und ein riesiger Kostüm-King-Kong. Also alles wie immer. Im Palmengarten sind keine Schmetterlinge im Schmetterlingsgarten, wahrscheinlich ist gerade eine Kohorte verstorben und die neue noch nicht geschlüpft. Die Dumplings sind köstlich wie immer.

Zu Hause weniger erfreulich die Ergebnisse der Blutuntersuchung: Leberwerte und Cholesterin zu hoch, ich soll einen Termin für eine Ultraschalluntersuchung des Bauches machen, was ich aber auf nach den Urlaub verschiebe. Wenn es eine Fettleber ist, läuft das auf Diät hinaus und dazu habe ich dann erst später Lust. Bestelle aber schon mal ein entsprechendes Kochbuch. Das letzte Hemd hat keine Taschen, deshalb heute mit den Damen ins Paulaner Wirtshaus, Bier trinken und Leberkäse essen. E. zum ersten Mal in unserer Runde dabei. Wir schreiben zusammen an einem Projektantrag. S. redet mir gut zu, sie lebe schon eine halbe Ewigkeit auf Diät (Neurodermitis), auch damit ließe sich leben. Ich fühle den Sommer noch immer nicht richtig. Heute zum ersten Mal die Krähen am Straßenbeet gesehen, ein kurzer Hüpfer im Herzen. Langsam in die Planung für die Tage in der nächsten Woche (Urlaub) gehen: Ein Telefonat mit N., die jetzt schon über ein Jahr krank ist, ein Arztbesuch, Massage, ein Abendessen mit M., eine Andacht bei den Jesuiten (die hatte ich noch nicht, aber Bruder X. hat sie mir in Hamburg empfohlen). Immer noch die Vorstellung über Tage, an denen ich einfach nichts habe und mich nur treiben lasse. Aber ich bin in so vieles eingebunden, dass das kaum etwas wird. Übernächste Woche vielleicht.

Vom Wochenende + 2 Tage

Weil die Wahl in Frankreich so unsäglich ist, betreibe ich Realitätsflucht mit einer Dokumentation über Peter Lindbergh. Besonders beeindrucken mich die Bilder von Anna Nicole Smith, die ich als Person komplett verdrängt hatte. Ein Playboy-Bunny, das bei H & M-Werbung machte und vor allem Schlagzeilen, weil sie einen 89jähringen heiratete, der ihr nie ietwas vermachte. Lindbergh schaffte ihre Würde zu zeigen. In keinem seiner Bilder sieht ein Model aus wie ein Objekt, es gibt nur Subjekte. Bestelle also ein Buch.

Samstag das erste Mal seit langer Zeit wieder einen Erste-Hilfe-Kurs gegeben. Zwei Kameraden aus Kaiserlautern sind dabei, die hospitieren. G. ist am Anfang etwas nervös, ist aber ein großer Entertainer. Wir spielen uns die Bälle gegenseitig zu. Am Abend endlich ein Gewitter. Ich sitze auf dem Balkon und versuche Blitze zu fotografieren, so verpasse ich das Spiel. Mich am Sonntag weiter durch den Ratzinger gequält, der mir nicht liegt, aber ich habe mir vorgenommen, ihn durchzulesen.

Am Montag hole ich die Vespa ab, die bereits abends wieder den Geist aufgibt. Ich komme problemlos zur Abtei, schaffe aber auf dem Rückweg nicht mehr als 20 km/h. Herr X. reicht zudem nicht ein, was er hätte einreichen sollen und so kann ich nicht weiter arbeiten – Wut lässt mich die halbe Nacht nicht schlafen, als hätte irgendjemand etwas davon. Morgens wieder in die Werkstatt und ein Telefonat mit Herrn X., das mich ein wenig ruhig werden lässt. Zum Mittag Gespräch mit A. wie es sein kann, dass die Menschen ihre hart erkämpfte Freiheit so gerne wegwerfen. Sie meint, Europa sei im Abstieg und die Leute wissen das. Und das sei eben ihre Reaktion. Zum Feierabend lese ich einen schönen Satz, der von mir hätte sein können: „Für mich ist es so, dass das Leben immer spannend ist, weil ich dieses Überraschungsherz habe.“