Archiv der Kategorie: reisen

Lernen am Ende des Monats

Ich war von der Ruhe überrascht. Obwohl die Abtei in der Stadt liegt herrschte im Gastflügel eine Ruhe als wäre man im Wald. Ein Wochenende „Wie in dieser Welt als Christin oder Christ leben“ in der Abtei. Bruder Y. war 35 Jahre Richter am Amtsgericht, dementsprechend war alles gut strukturiert und glitt nicht in Gefühlsduseligkeit ab, wobei ich wieder die Unterschiede zu den von Kindheit an Sozialisierten merkte. Während ich eher mit „Was können wir alles tolles machen?“ hinging, ging es bei den anderen doch viel darum, wie man das Schrumpfen der Christenheit in Europa erlebt. Zum Teil auch verständlich, gerade bei denen auf dem Land, wo kleine Pfarreien zu riesigen Pfarreien zusammengelegt werden und dann alle paar Monate ein aus Indien importierter Pfarrer vorbeischaut (wobei man deren Dienst gar nicht genug hochschätzen kann) und es kein richtiges Gemeindeleben mehr gibt. Zuweilen dann doch einiges sehr intensiv, aber das soll hier nicht Thema sein. Viel auch als Thema, was man macht, wenn man angegriffen wird, aber auch da bin ich wahrscheinlich noch so frisch, dass ich mit dem Gegenhalten keine Probleme habe. Aber ich kann ja eh nie die Klappe halten. Das Mit-Leben im Kloster kannte ich ja schon aus Maria Laach, zum Glück gibt es hier nur abends Schweigen und Tischlesung beim Essen im Refektorium und mittags kann man sich mit den Mönchen unterhalten. Wobei ich auch die Tischlesungen immer sehr genieße. Es ist einem freigestellt, ob man am Stundengebet teilnimmt oder nicht. Ich tue es aber, bis auf eine Komplet, weil ich den Eindruck hatte, für mich sein zu müssen und zu schreiben. Das letzte Mittagessen verpasse ich, weil ich Richtung Hannover weiter muss und am nächsten Tag nach Walsrode. Ein Seminar zu „Rechtswirksames Schreiben für betriebliche Interessensvertretungen“. Die Deutsche Bahn macht die Anreise wie erwartet schwierig. Das Verdi-Haus liegt etwas außerhalb in der Nähe des Vogelparks mitten im Wald. Im Sommer muss es traumhaft sein, Ende Oktober wird man mit tagelangem norddeutschem Sprühregen beglückt in dem sich aber auch spazieren gehen lässt. Dafür hat das Haus eine sehr schöne Sauna, die dann mehr zum Wetter passt. Wegen der Feiertage wurde das Seminar auf 3 Tage gekürzt, dementsprechend dicht ist alles und ich merke am zweiten Tag auch, dass mein Bedürfnis nach sozialer Interaktion langsam gedeckt ist: Reden beim Frühstück, reden im Seminar, reden beim Mitagessen, wieder Seminar, Kaffee, Seminar, Abendesse ggf. hinterher noch was trinken. Zurück in Hannover besuche ich die Basilika St. Clemens, die mir mit ihrem weißen Innenraum und den abstrakten Figuren sehr gefällt. Eine junge Frau verweilt in der eucharistischen Anbetung, dementsprechend laufe ich nicht rum und fotografiere nur dezent: Ich hasse das selbst, wenn ich im Gebet bin und Touristen laut redend und türeknallend durch die Kirche latschen. Besonders  auch eine Maria-Staue mit Jesuskind und Heiliger-Geist-Taube. Aus irgendeiner Hinterhältigkeit heraus ist der Leysieffer-Laden geschlossen. Keine Meersalzschokolade für mich. Morgen Heimreise.

Bonn

Geplant war eigentlich am Samstag im Frankenbad zu schwimmen, das direkt gegenüber des Hotels liegt. Das Bad muss aus den 60er Jahren stammen und sieht so aus als würde es jeden Moment zusammen fallen. Leider fiel dies aus, da es wegen einer Veranstaltung geschlossen war. Wikipedia verrät mir, dass es tatsächlich 1960 gebaut wurde und unter Denkmalschutz steht.

Ich weiß nicht, woran es liegt, aber teure Desigual-Taschen geben bei mir auf Reisen immer den Geist auf und zerfallen in ihre Einzelteile. Letztes Jahr auf Madeira und so auch hier. Am Freitag Morgen also bei Deichmann ein billiges Exemplar in beige-braun-weiß erstanden, das genauso aussieht wie der Milchkaffee in der Boulangerie, den ich vor Abfahrt trinke. Dann mit dem Zug nach Köln, den Dom von innen bewundern. Er gefällt mir ganz gut, aber die besseren religiösen Erlebnisse dieses Tages stehen noch aus, ich weiß nur noch nichts davon. Anschließend den Stand meines gepflanzten Baumes an der Ulrepforte überprüfen: Er wächst sehr schön. 

Zurück in Bonn gehe ich ins Frauenmuseum. Und dort gibt es die weltweit einzig ökumenisch geweihte Hauskirche in einem Museum. Die Getrudiskapelle, benannt nach der ehemaligen Kapelle im Rheinviertel. Ihr Andenken wird durch Curt Delander bewahrt, einen schwulen Travestiekünstler und Katholik. Die ganze unfassliche Geschichte kann man sich hier angucken.

Auf dem Weg zum Frauenmuseum komme ich zufällig an der St.-Franziskus-Kirche vorbei, was gut passt, da heute der Gedenktag des Hl. Franziskus ist. Ich erfahre, dass es am Abend eine gemeinschaftliche eucharistische Anbetung gibt und beschließe dort auch hinzugehen. Meditiere also 1 Stunde mit vier mir unbekannten Frauen, umrahmt von einem Lied am Anfang und am Ende. „Ich bin gar nicht aus Bonn“, sage ich zum Schluß. „Ach, unsere Tür ist immer offen“, meint die Gitarrenspielerin.

Am Samstag in den Botanischen Garten. Ich lerne, es gibt hinterlistige Blumen die sich tatsächlich Täuschblumen nennen. Eine täuscht vor, Pilze zu haben, damit zieht sie Pilzmücken an, die sie dann bestäuben, aber leider ihre Eier dort umsonst ablegen. Ich entdecken ein wunderbares Café,  den Naschkasten. Dort gibt es herrliche sizilianische Orangentorte. Wandere anschließend über die Rheinbrücke nach Beuel, in der dortigen St.-Josefs-Kirche bekomme ich ein spontanes Orgelkonzert.

Am Sonntag auf dem Rückweg dann einen Abstecher nach Maria Laach. Das Kloster ist im Sommer und Herbst ein Magnet für Touristen und ich erinnere mich an die himmlische Ruhe im Januar und wie ich um 5:30 Uhr am Morgen zur Laudes ging. Verweile trotzdem lange unter dem großen Mosaikbild des Pantokrator-Christus, ein Werk der Beuroner Kunstschule. Eine Postkarte dieses Mosaiks steht bei mir zu Hause In der „Gebetsecke“. Jedenfalls war dieses Kloster ein wichtiger Meilenstein bei meiner Entscheidung mich taufen zu lassen.

End of September

Auf dem To-Do-Zettel für das Wochenende steht „Bloggen“, neben allerlei Haushaltskram, den ich nur halb erledige. Aber wenn ich die Wahl zwischen Haushalt oder wandern habe, dann wähle ich wandern. N. hat eine Haushaltshilfe erzählt sie mir, während wir das Tiergartental durchlaufen.

Wir sprechen über unsere Ausbildungszeit: Ich war eine schlechte Schülerin, aber eine. ausgezeichnete Studentin. N. sagt, sie habe sich immer im Mittelfeld durchgeschlagen, das aber konstant.

Am Abend zuvor im Kino. Die Fotografin mit Kate Winslet. Der Film war besser als der Trailer vermuten ließ und Kate Winslet altert schön und sehr sinnlich. Wunderbar die Szene in Hitler’s Badewanne. Google hinterher das Original-Foto von Lee Miller, ja, auch die Stiefel sind da. Bin jedesmal dankbar, wenn ich eine neue historische Frauenfigur entdecke, die mir bis jetzt nicht bekannt war.

Morgens zum Friseur und zur Messe. Der diensthabende Pfarrer schafft es ernsthaft ein paar mahnende Worte zum Buch Kohelet zu sprechen – und wie das denn sein kann, das SOWAS überhaupt in der Bibel steht (ja, nur weil es vorchristlich ist!)-und ich muss mir Mühe geben nicht laut zu lachen. Dankenswerterweise fast gleichzeitug ein schöner Text von Dr. Werner Kleine:

Die Behauptung, die Menschen würden letztendlich doch nach Gott suchen, sie wüssten es halt nur nicht, ähnelt dem Verhalten eines Stalkers, der seine kranke Liebe auf ein Gegenüber überträgt, dass diese Liebe nicht erwidern kann und will.

kath 2:30

In Momenten in denen man mit dem Kopf auf den Tisch schlagen möchte, muss man sich eben vergegenwärtigen, dass diese katholische Kirche nach wie vor ein heterogener Haufen ist.

Und auch: Bruder X. machte mich beim Gespräch am Mittwoch schmunzelnd: Er sagt beim Kreuzzeichen seien der vertikale Vater und der Sohn das preussisch Strickte und dann kommt der Heilige Geist und läuft quer 😉

Achja, der Papst war in Luxemburg. Die Kathedrale besuchte ich am Wochenende vorher, sie war aber schon für den Besuch geschmückt. Generell ist sie mir zu voll, wie alle bekannten Kirchen, die man zwar schön anschauen, aber in denen man nicht richtig beten kann. Besser gefällt mir die Michaeliskirche am Rande der Altstadt mit ihren wunderbaren bunten Fenstern, die in den 60er Jahren von mehreren Luxemburger Künstlern gestaltet wurden. Aber der eigentlich Zweck meines Besuches war natürlich das Schokoladenhaus Nathalie Bonn und eine Chili-Schokolade mit Sahne und Marshmallow.

Jetzt kann der Oktober kommen: Hallo Bonn, wir sehen uns..

Unaufgeregt an der See

J. plant aus dem Vogtland anzureisen und noch eine Nacht daheim in Hamburg zu verbringen. Zu ambitioniert der Plan, sie strandet in Berlin und übernachtet bei Freunden. Vor fast genau 20 Jahren waren wir auf Ameland, zwischendurch irgendwann zusammen auf Amrum, ich weiß aber spontan nicht, wann das war. Wir brauchen einen Tag, um uns aufeinander einzustellen, dann ist geregelt, wer, was macht und wer, was nicht leiden kann. Ich koche gern, sie wäscht gern ab.

Beide Kirchen im Ort sind schön, wenngleich die katholische aus den 60ern stammt, aber dafür wunderbare Glasfenster hat. Sie ist 24 Stunden geöffnet, außer am Montag. Nebenan befindet sich ein Friedhof auf dem wir Brombeeren sammeln. J. mietet sich für die Woche ein Rad, ich bin eher der Strandtyp. Am ersten Tag umwandern wir den Binnensee und kommen an dieser grausigen 70er-Jahre-Sünde vorbei, die sich Ferienpark nennt. Ich fahre einen Tag nach Fehmarn rüber, und finde nach 8 Monaten die erste katholische Kirche, die mir nicht gefällt. Ebenfalls ein 60ger-Jahre-Bau, aber sehr dunkel und irgendwer kam auf die glohrreiche Idee in Dauerschleife Orgelmusik von Band (!) laufen zu lassen. Ich gehe eigentlich in Kirchen, weil es da still ist. Flüchte zu den Protestanten und ja auch da gibt es Orgelmusik, allerdings spielt dort tatsächlich jemand live. Ansonsten sind die Tage angenehm ereignislos, mit lesen und zeichnen, wir lassen uns abends lange Zeit für das Essen. Ansonsten kann ich eigentlich immer am Meer sein. Wenn ich Glück habe kann ich nächsten Sommer Gastküsterin auf den ostfriesischen Inseln werden, aber das ok der Personalabteilung für 3 Monate Sabbatical steht immer noch aus. Wish me luck.

FFM again

Mit Frankfurt verbindet mich jetz eine 20jährige Geschichte, begonnen mit der Wikimania 2005 über ein Referendariat einer Freundin bis hin zu einer weiteren syrischen Freundin, die erst in Trier lebte und nun dort bei der Commerzbank arbeitet. Bestimmte Rituale haben sich eingeschlichen, so dass Dumpling-Essen bei Aunty Zongs Noodle Bar und der Besuch des Palmengartens. Neu hinzu kommt der Besuch des Kapuziner-Klosters, direkt am Hauptmarkt gelegen. Eine Kerze anzünden, später merken, dass man da eigentlich keine Fotos machen darf, aber ich mag das Mosaik im Innenhof so, ich glaub, das ist der Dornenbusch, der da rechts oben brennt? Jedenfalls alles modern, man kann jetzt auch mit EC-Karte spenden und muss nicht Münzen oder sonstwas einwerfen.

Eine neue Entdeckung: Der Haupfriedhof. Ich habe erst Probleme, Adorno zu finden, aber eine tapfere Pilgerin lässt sich nich abbringen. Schopenhauer finde ich schnell, sein Grab ist aber nicht besonders schön. Irgendwann beschlossen, mich perspektivisch von meinen 15 Parfums zu trennen und nur noch wenige, teure zu besitzen. Dementsprechend auf der Zeil einen Zerstäuber und Nachfüllampullen Chanel No. 5 gekauft. Ein Gefühl wie damals, als ich mir einen Waldmann-Füller kaufte, ein teures Schreibgerät, das man auch den Rest des Lebens haben wird. Auf der Zeil treffen sich Hare Krishnas, Palästina-Demonstranten, missionierende Salafisten und ein riesiger Kostüm-King-Kong. Also alles wie immer. Im Palmengarten sind keine Schmetterlinge im Schmetterlingsgarten, wahrscheinlich ist gerade eine Kohorte verstorben und die neue noch nicht geschlüpft. Die Dumplings sind köstlich wie immer.

Zu Hause weniger erfreulich die Ergebnisse der Blutuntersuchung: Leberwerte und Cholesterin zu hoch, ich soll einen Termin für eine Ultraschalluntersuchung des Bauches machen, was ich aber auf nach den Urlaub verschiebe. Wenn es eine Fettleber ist, läuft das auf Diät hinaus und dazu habe ich dann erst später Lust. Bestelle aber schon mal ein entsprechendes Kochbuch. Das letzte Hemd hat keine Taschen, deshalb heute mit den Damen ins Paulaner Wirtshaus, Bier trinken und Leberkäse essen. E. zum ersten Mal in unserer Runde dabei. Wir schreiben zusammen an einem Projektantrag. S. redet mir gut zu, sie lebe schon eine halbe Ewigkeit auf Diät (Neurodermitis), auch damit ließe sich leben. Ich fühle den Sommer noch immer nicht richtig. Heute zum ersten Mal die Krähen am Straßenbeet gesehen, ein kurzer Hüpfer im Herzen. Langsam in die Planung für die Tage in der nächsten Woche (Urlaub) gehen: Ein Telefonat mit N., die jetzt schon über ein Jahr krank ist, ein Arztbesuch, Massage, ein Abendessen mit M., eine Andacht bei den Jesuiten (die hatte ich noch nicht, aber Bruder X. hat sie mir in Hamburg empfohlen). Immer noch die Vorstellung über Tage, an denen ich einfach nichts habe und mich nur treiben lasse. Aber ich bin in so vieles eingebunden, dass das kaum etwas wird. Übernächste Woche vielleicht.

Der Rest von Berlin und der Woche

Ein schöner sonniger Sonntag mit Frau Mama Wir trinken Kaffee, suchen eine Hinterhofkirche und finden sie nicht und schauen die Ausstellung über Elefantine. Ich kaufe natürlich viel zu viele Bücher, aber ist ja Urlaub, nicht? Später die Woche noch böser Unfall im Hause Mama – ihre Mama stürzt und muss ins Krankenhaus. Im Potsdamer Dom zünde ich eine Kerze für sie an. Kann mich schlecht daran gewöhnen, dass der nur an Gottesdiensten auf hat.

Montag dann nach Werder an der Havel, ein Ausflug den mir U. empfohlen hatte. Ich lerne, dass man hier gut Obstwein kaufen kann. Am Abend dann Essen bei einem Griechen in Schöneberg mit Southpark und Poux. Die beiden zu lange nicht mehr in echt gesehen, merke ich. Diskussion über Arbeit, Glauben, Familie und dass meine Dates keinesfalls immer romantische Dates sind. Was Leute sich so in Bezug auf Singles alles zusammen reimen, bzw. wie dieses Blog rezipiert wird (Ja, solche Dates gibt es auch, aber man findet hier auch anderes?). Beide möchten zur Tauffeier eingeladen werden und ich habe am Freitag tatsächlich ein Gespräch bezüglich Taufe bei den Benediktinern hier vor Ort (Nein, kein romantisches Date – Mönche!).

Dienstag dann ein Treffen mit F. , der dafür eine halbe Weltreise auf sich nimmt. Ich erhalte eine gute Führung durch die Freundschaftsinsel und lerne Bäume bestimmen. Auch hier lange Gespräche über seinen Glaubensweg. Nach dem Mittagessen besuchen wir noch die Ausstellung über Karl Foerster, der mir natürlich auch nicht bekannt war. F. lebt irgendwo am Ende der Welt, was ich nicht könnte, er ist aber am Abend froh wieder in der Stille zu sein.

Mittwoch Wannsee – wunderbar! Sogar ein FKK-Bereich, nichts ist lästiger als Sandkrümel aus Badeanzügen zu klopfen, insofern immer bevorzugt, wenn möglich.

Zu Hause allen möglichen Kram erledigen. Wäsche, Vespa in die Werkstatt, Straßenbeet aufhübschen. Die Krähen haben die Futteranlage geschrottet und ich besorge eine neue. Am Samstag zur Vesper in die Abtei, traue mich erstmals im Chorraum mitzusingen. Georg Waldmensch verspricht mir noch ein Foto meiner gepflanzten Sandbirke zu senden und: Freibad nun.

Potsdam / Berlin 1

Bemerkenswert wie man aufhört zu schreiben, wenn man betet. Weil man sich jetzt ja anders mitteilt. Eine Entwicklung, die mir nicht gefällt. Die alte Dame beim Frühstück sagt: Meinen Mann habe ich zu Hause gelassen, der will sich sowieso nicht bewegen. Sie erzählt von ihren Reisen und dass sie jährlich ein Fotobuch macht, damit sie später Erinnerungen hat, wenn es nicht mehr geht. Genauso mache ich es auch.

Eine kleine Gruppe zur Stadtführung. Das holländische Viertel, das einst Szene-Kneipen beherbergte ist nun durchsaniert und tot. Am alten Marktplatz an der Nikolaikirche will man mindestens 20% Wohnungen mit Mietpreisbundung schaffen, damit es nicht endet wie in Dresden an der Frauenkirche: Sobald abends die Touristen weg sind ist alles tot. Ich lerne was Günther Jauch und Hasso Plattner so alles spendeten. Ich flirte mit einer Spende für einen Ziegel in der Garnisionskirche. Mir war nie so bewusst wie stark Potsdam vom Militär geprägt war. Und die unterschiedlichen Geschmäcker des alten Fritz mit seinem Holländer-Fimmel und dem jungen Fritz mit seinem Italien-Fimmel.

Am Abend ein Blind-Date treffen mit Blueskyern im Biergarten an der Spree. Man täuscht sich nie: Die, die einem online sympathisch sind, sind es meistens auch in real. Ich erinnere mich an 2004. Ganze 20 Jahre ist es her, dass ich mit Southpark den Hamburger Wikipedia-Stammtisch gründete.

Samstag Vormittag dann Sanssouci. Das Teehaus ist immer wieder schön, leider wird in der Friedenskirche gerade aufgebaut für ein Konzert am Abend. Nachmittags das nächste Blind-Date-Treffen mit U. auf einen Kaffee. Er ist genauso warmherzig wie ich es erwartet hatte und erzählt einiges über sein Viertel.

Ein wenig ärgere ich mich, dass ich die Woche so mit Verabredungen voll geknallt habe, so habe ich nur einen Tag, an dem ich mich wirklich treiben lassen kann. Anderseits war das der Sinn der Reise: Leute treffen.

2023 in 33 Punkten – rekonstruiert an iPhoto

  1. In Rom beklaut worden / Toten Papst gesehen
  2. Aachener Dom
  3. Postkartenausstellung Altonaer Museum
  4. Beckmann Ausstellung München
  5. A. Geburtstag, Mama das letzte Mal gesehen
  6. Tagesausflug Cochem
  7. Mallorca
  8. Mama tot
  9. Tagesausflug Travemünde
  10. Geburtstagsbrunch mit J., S. und J.
  11. Tagesausflug Köln
  12. Konzert Saif Al-Khayyat
  13. CGs Ausstellung
  14. Wochenende Wuppertal
  15. Mamas Beerdigung
  16. Brunch mit J.
  17. Edelgurts Grab
  18. Mosel-Grillen mit A., K. und S.
  19. Erste-Hilfe-Kurs mit G.
  20. Eigenes Grab in Ohlsdorf / Grabstein CG
  21. Universitäts-Konzert mit S.
  22. Weinberg-Wanderung
  23. Garten der Frauen / Ohlsdorf
  24. Wittenberg / Luther / Cranach / Melanchton
  25. Madeira
  26. Neuberufenen-Workshop Ludwigshafen
  27. Aqua-Fitness-Weiterbilung / DLRG
  28. Tagesausflug Kyllburg
  29. Paris
  30. Domgang mit Puck
  31. Streik
  32. X-Mas-Garden Koblenz mit A.
  33. Travemünde / S. nach 15 Jahren wieder gesehen.

Madeira

Bovs neues Buch „Der Vorweiner“ gelesen. Ist mir mit dem Thema Tod gerade zu nah an meinem wirklichen Leben. Der Hund in Kapitel 4 mit einem braunen und einem blauen Auge ist natürlich „Kleiner Hund“, auch wenn Bov das abstreitet.

Bleibe diesmal ausschließlich in Funchal, mit den gelben Stadtbussen lässt sich alles Wesentliche erreichen. Die Wochenkarte kostet 22 Euro. Ich schaue mir natürlich vor allem die Gärten an: Monte Palace, Jardim Botanico, Palheiro Gardens Ich sehe zum ersten Mal blühende Flammenbäume in echt und bekommen einen Eindruck. wie meine wohl mal aussehen werden. Besuche als gute Touristin natürlich auch die Arte de Portas Abertas. Es gibt einen netten Netzauftritt bei dem man sich die einzelnen bemalten Türen online anschauen kann.

Es gibt hier Spar als Supermarkt-Kette und Kiosk-ähnliche Touristen-Supermärkte. Wenn man Pingo Doce als portugiesische Kette nimmt ist gleich alles viel billiger.Als öffentliches Schwimmbad ist der Lido-Komplex zu empfehlen. Er hat im Gegensatz zu den Hotel-Pools auch einen Zugang zum Meer. Das Wasser ist sehr salzig und die Strömung ordentlich. Da Madeira aber keine Strand-Badeinsel ist, ist dies ein guter Weg doch mal ins Meer zu kommen. Hier tummeln sich vor allem Einheimische. Möchte man seinen Umkleideschrank abschließen muss man sein eigenes Schloss mitbringen. Liegen kosten einen verträglichen weiteren Euro, die Aqua-Fitness-Bespaßung ist kostenfrei.

Ich entdecke auf Madeira vor allem den Alkohol und weiß nicht, ob mir das zu denken geben sollte. Roter Sangria, Poncha und Madeira-Wein. Letzterer soll sich in der Küche für Soßen zu Fleisch gut verwenden lassen. Kommt auf die To-Do-Liste für den Herbst. Eine weitere Entdeckung: Schwarzer Degenfisch. Extrem köstlich, aber leider sehr schwermetallbelastet.

Unerfreuliches:

  1. Die Ägyptische Tigermücke ist eingewandert und die Mücken hier lieben mich. Sehr sogar.
  2. Ich verkneife mir Social Media weniger als geplant und bekommen dann natürlich doch den hinramputierten bayrischen Wahlkampf mit. Zum Glück gibt es den schlauen Herrn Hack, der es schafft, einen intelligenten Text zum Gillamoos zu schreiben.
  3. Ich habe wenig Lust auf Herbst. Für mich fühlt es sich an, als hätte der Sommer eben erst begonnen => nächstes Jahr früher Urlaub nehmen.

Nach der Erschöpfung (Wittenberg)

Frau Mama schreibt anderswo: Ich glaube, ja, dass besonders in der Erschöpfung das alleinsein schwierig wird, weil man sich ja neben allem auch noch immer selber aus dem Sumpf, usw.

Ich habe einen Katalog an Sumpfziehtechniken, aber wenn in der Erschöpfung das Depressive in Gleichgültigkeit abdriftet, höre ich einfach auf mich zu kümmern. Für jedem anderen wäre ich längst losgerannt, aber nichts, gar nichts in mir drängt mich danach, mich selbst zu retten. Es ist mir schlicht egal. Die Erfahrung weiß, es braucht ein paar Tage Ruhe, dann vergeht dast. Es ist aber trotzdem unheimlich.

„Wenn der Tag vorbei ist, habe ich nichts produziert, aber ich habe Begegnungen mit Menschen gehabt“, sagt der junge Pfarrer. Er steht am Ende einer Woche Wittenberg, das schöner war als ich erwartet hatte. Die Gruppe sehr entspannt und relaxed, aber ich spüre doch die Eigenbrödlerin. Brauche immer Zeiten in denen ich mich rausziehe, schlendere, zeichne, schreibe. Die Rolle Melanchtons in der Reformation war mir gar nicht klar, auch Cranach verband ich nicht wirklich mit dem Ort. Melanchtons Totenbild rührt mich seltsam an. Durch den Ort fließt das Röhrwasser, das zunächst durch Eichenpfähle nur an die 5 reichsten Wittenberger verteilt wurde. Man wollte Melanchton in der Stadt halten (er sollte nach Cambridge und anderswo abgeworben werden). Also schenkte man ihm ein Haus und einen Wasseranschluss. Die Initiative zur Rettung der Cranach-Häuser enstand übrigens bereits in der DDR. Diese bewilligte auch Mittel, aber es konnten keine Baustoffe aufgetrieben werden. Zum Glück änderte sich das nach der Wende, die Häuser hätten keine 20 Jahre mehr gemacht. Luthers Wohnzimmer hinterlässt bei mir einen Eindruck von Geselligkeit, Bänke entlang der Wände und ein großer Ofen. Peter der Große besuchte einst das Haus und hinterließ seine Unterschrift auf der Wohnzimmertür (was man dann schnell unter Glas rahmte). Wer Geschichte mag wird in Wittenberg jedenfalls glücklich werden.

Weiteres: Die Elbe macht um die Stadt quasi einen Bogen, also biegt kurz vorher ab und kehrt hinterher zurück, was sehr günstig bei Hochwasser und sehr ungünstig für Naherholung ist. Es gibt keine wirkliche Verbindung zwischen Stadt und Elbufer, man muss hässliche Schnellstraßen überqueren, um dort hin zu gelangen. 2027 kommt die Landesgartenschau nach Wittenberg und es gibt einige Ideen/Entwürfe diese Situation dann zu verbessern.

Bitter ist, dass die Universität von 1502 im Jahr 1813 geschlossen wurde, und dass Versuche einer Neugründung nach der Wende von der Universität Halle verhindert wurden. Die ganzen Stadt atmet den Geist von Bildung und Reformation, da fehlt schlicht etwas.

.