Bonn

Geplant war eigentlich am Samstag im Frankenbad zu schwimmen, das direkt gegenüber des Hotels liegt. Das Bad muss aus den 60er Jahren stammen und sieht so aus als würde es jeden Moment zusammen fallen. Leider fiel dies aus, da es wegen einer Veranstaltung geschlossen war. Wikipedia verrät mir, dass es tatsächlich 1960 gebaut wurde und unter Denkmalschutz steht.

Ich weiß nicht, woran es liegt, aber teure Desigual-Taschen geben bei mir auf Reisen immer den Geist auf und zerfallen in ihre Einzelteile. Letztes Jahr auf Madeira und so auch hier. Am Freitag Morgen also bei Deichmann ein billiges Exemplar in beige-braun-weiß erstanden, das genauso aussieht wie der Milchkaffee in der Boulangerie, den ich vor Abfahrt trinke. Dann mit dem Zug nach Köln, den Dom von innen bewundern. Er gefällt mir ganz gut, aber die besseren religiösen Erlebnisse dieses Tages stehen noch aus, ich weiß nur noch nichts davon. Anschließend den Stand meines gepflanzten Baumes an der Ulrepforte überprüfen: Er wächst sehr schön. 

Zurück in Bonn gehe ich ins Frauenmuseum. Und dort gibt es die weltweit einzig ökumenisch geweihte Hauskirche in einem Museum. Die Getrudiskapelle, benannt nach der ehemaligen Kapelle im Rheinviertel. Ihr Andenken wird durch Curt Delander bewahrt, einen schwulen Travestiekünstler und Katholik. Die ganze unfassliche Geschichte kann man sich hier angucken.

Auf dem Weg zum Frauenmuseum komme ich zufällig an der St.-Franziskus-Kirche vorbei, was gut passt, da heute der Gedenktag des Hl. Franziskus ist. Ich erfahre, dass es am Abend eine gemeinschaftliche eucharistische Anbetung gibt und beschließe dort auch hinzugehen. Meditiere also 1 Stunde mit vier mir unbekannten Frauen, umrahmt von einem Lied am Anfang und am Ende. „Ich bin gar nicht aus Bonn“, sage ich zum Schluß. „Ach, unsere Tür ist immer offen“, meint die Gitarrenspielerin.

Am Samstag in den Botanischen Garten. Ich lerne, es gibt hinterlistige Blumen die sich tatsächlich Täuschblumen nennen. Eine täuscht vor, Pilze zu haben, damit zieht sie Pilzmücken an, die sie dann bestäuben, aber leider ihre Eier dort umsonst ablegen. Ich entdecken ein wunderbares Café,  den Naschkasten. Dort gibt es herrliche sizilianische Orangentorte. Wandere anschließend über die Rheinbrücke nach Beuel, in der dortigen St.-Josefs-Kirche bekomme ich ein spontanes Orgelkonzert.

Am Sonntag auf dem Rückweg dann einen Abstecher nach Maria Laach. Das Kloster ist im Sommer und Herbst ein Magnet für Touristen und ich erinnere mich an die himmlische Ruhe im Januar und wie ich um 5:30 Uhr am Morgen zur Laudes ging. Verweile trotzdem lange unter dem großen Mosaikbild des Pantokrator-Christus, ein Werk der Beuroner Kunstschule. Eine Postkarte dieses Mosaiks steht bei mir zu Hause In der „Gebetsecke“. Jedenfalls war dieses Kloster ein wichtiger Meilenstein bei meiner Entscheidung mich taufen zu lassen.

End of September

Auf dem To-Do-Zettel für das Wochenende steht „Bloggen“, neben allerlei Haushaltskram, den ich nur halb erledige. Aber wenn ich die Wahl zwischen Haushalt oder wandern habe, dann wähle ich wandern. N. hat eine Haushaltshilfe erzählt sie mir, während wir das Tiergartental durchlaufen.

Wir sprechen über unsere Ausbildungszeit: Ich war eine schlechte Schülerin, aber eine. ausgezeichnete Studentin. N. sagt, sie habe sich immer im Mittelfeld durchgeschlagen, das aber konstant.

Am Abend zuvor im Kino. Die Fotografin mit Kate Winslet. Der Film war besser als der Trailer vermuten ließ und Kate Winslet altert schön und sehr sinnlich. Wunderbar die Szene in Hitler’s Badewanne. Google hinterher das Original-Foto von Lee Miller, ja, auch die Stiefel sind da. Bin jedesmal dankbar, wenn ich eine neue historische Frauenfigur entdecke, die mir bis jetzt nicht bekannt war.

Morgens zum Friseur und zur Messe. Der diensthabende Pfarrer schafft es ernsthaft ein paar mahnende Worte zum Buch Kohelet zu sprechen – und wie das denn sein kann, das SOWAS überhaupt in der Bibel steht (ja, nur weil es vorchristlich ist!)-und ich muss mir Mühe geben nicht laut zu lachen. Dankenswerterweise fast gleichzeitug ein schöner Text von Dr. Werner Kleine:

Die Behauptung, die Menschen würden letztendlich doch nach Gott suchen, sie wüssten es halt nur nicht, ähnelt dem Verhalten eines Stalkers, der seine kranke Liebe auf ein Gegenüber überträgt, dass diese Liebe nicht erwidern kann und will.

kath 2:30

In Momenten in denen man mit dem Kopf auf den Tisch schlagen möchte, muss man sich eben vergegenwärtigen, dass diese katholische Kirche nach wie vor ein heterogener Haufen ist.

Und auch: Bruder X. machte mich beim Gespräch am Mittwoch schmunzelnd: Er sagt beim Kreuzzeichen seien der vertikale Vater und der Sohn das preussisch Strickte und dann kommt der Heilige Geist und läuft quer 😉

Achja, der Papst war in Luxemburg. Die Kathedrale besuchte ich am Wochenende vorher, sie war aber schon für den Besuch geschmückt. Generell ist sie mir zu voll, wie alle bekannten Kirchen, die man zwar schön anschauen, aber in denen man nicht richtig beten kann. Besser gefällt mir die Michaeliskirche am Rande der Altstadt mit ihren wunderbaren bunten Fenstern, die in den 60er Jahren von mehreren Luxemburger Künstlern gestaltet wurden. Aber der eigentlich Zweck meines Besuches war natürlich das Schokoladenhaus Nathalie Bonn und eine Chili-Schokolade mit Sahne und Marshmallow.

Jetzt kann der Oktober kommen: Hallo Bonn, wir sehen uns..

Epheser 5: Da geh ich lieber wandern

Nun also das Wochenende an dem in der Leseordung Epheser 5 dran ist:

Ordnet euch einander unter in der Furcht Christi. Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter wie dem Herrn. Denn der Mann ist das Haupt der Frau, wie auch Christus das Haupt der Gemeinde ist – er hat sie als seinen Leib gerettet. Aber wie nun die Gemeinde sich Christus unterordnet, so sollen sich auch die Frauen ihren Männern unterordnen in allen Dingen. Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie auch Christus die Gemeinde geliebt hat und hat sich selbst für sie dahingegeben, um sie zu heiligen.

Während sich das in der Gottesdienst-Ordnung vermutlich nicht ganz vermeiden lässt, lesen die meisten, die freiwillige Impulse geben an diesem Sonntag alternativ Johannes 6,60, aber es gibt es bei den Kapuzinern in Frankfurt ernsthaft Menschen, die denken, dass sie das so umdeuten können, dass dabei irgendetwas sinngebendes für das zwischenmenschliche Miteinader herauskommen könnte. Kündige daraufhin kurz und schmerzlos meine Dauerspende, auch wenn ich nicht ganz weiß wie das eigentlich zustande kommt. Andere aus dem Haus sind da wohl weiter. Hier der Geheim-Tipp: Man kann sich auch einfach so auf Augernhöhe unterhalten, dazu muss sich niemand irgendwem unterordnen, völlig egal in welche Richtung. (Wer 2024 noch ernsthaft Argumente gegen diesen Text brauche mag auch bei Annette Jantzen vorbei schauen). Mir persönlich stößt vor allem die widerliche Verquickung von Gewalt und Liebe auf, die allen nahegeht, die solches erfahren haben. Zum Glück am Samstagabend noch ein Gespräch mit F. darüber, wie die Kirche es immer wieder erfolgreich schafft die Gläubigen los zu werden. Das hilft ein bisschen. F. sagt, die katholische Kirche muss so weit sein, dass Leute wie wir darin noch Platz haben.

Statt Sonntagsmesse dann eine Wanderung mit N. Wir sind zum ersten Mal zusammen unterwegs und das klappt ziemlich gut und reibungslos, was Tempo, Redebedürfnis, Abstimmungen betrifft. N. hat Mann und Kind bei den Schwiegereltern geparkt und wir laufen zunächst zu den Irreler Wasserfällen. Anschließend geht es anhand einer verwirrenden Ausschilderung Richtung Teufelsschlucht. Ausgerechnet hier fühle ich mich Gott dann wieder ein wenig näher (Ach, da ist er also…) . Unterwegs treffen wir eine ganze Reihe an anderen Wanderern, die ebenfalls von der Beschilderung verwirrt sind: Ist das Weg 54? Kommen wir hier wieder zurück? Nachdem wir die Teufelsschlucht durchquert haben klärt uns ein Schild auf, dass wir eben die Teufelsschlucht durchquert haben.

Die Wanderung hat genau die richtige Länge, aber im Bus dösen wir beide weg.

O. meldet sich nach ein paar Monaten, was mein Herz wärmt. Er ist in Assisi. Wie seltsam sich die Dinge zusammenfügen. Ich erledige die Hotelbuchungen für nächsten Ostern. Es wird eine schönes Tauffest, denke ich.

Unaufgeregt an der See

J. plant aus dem Vogtland anzureisen und noch eine Nacht daheim in Hamburg zu verbringen. Zu ambitioniert der Plan, sie strandet in Berlin und übernachtet bei Freunden. Vor fast genau 20 Jahren waren wir auf Ameland, zwischendurch irgendwann zusammen auf Amrum, ich weiß aber spontan nicht, wann das war. Wir brauchen einen Tag, um uns aufeinander einzustellen, dann ist geregelt, wer, was macht und wer, was nicht leiden kann. Ich koche gern, sie wäscht gern ab.

Beide Kirchen im Ort sind schön, wenngleich die katholische aus den 60ern stammt, aber dafür wunderbare Glasfenster hat. Sie ist 24 Stunden geöffnet, außer am Montag. Nebenan befindet sich ein Friedhof auf dem wir Brombeeren sammeln. J. mietet sich für die Woche ein Rad, ich bin eher der Strandtyp. Am ersten Tag umwandern wir den Binnensee und kommen an dieser grausigen 70er-Jahre-Sünde vorbei, die sich Ferienpark nennt. Ich fahre einen Tag nach Fehmarn rüber, und finde nach 8 Monaten die erste katholische Kirche, die mir nicht gefällt. Ebenfalls ein 60ger-Jahre-Bau, aber sehr dunkel und irgendwer kam auf die glohrreiche Idee in Dauerschleife Orgelmusik von Band (!) laufen zu lassen. Ich gehe eigentlich in Kirchen, weil es da still ist. Flüchte zu den Protestanten und ja auch da gibt es Orgelmusik, allerdings spielt dort tatsächlich jemand live. Ansonsten sind die Tage angenehm ereignislos, mit lesen und zeichnen, wir lassen uns abends lange Zeit für das Essen. Ansonsten kann ich eigentlich immer am Meer sein. Wenn ich Glück habe kann ich nächsten Sommer Gastküsterin auf den ostfriesischen Inseln werden, aber das ok der Personalabteilung für 3 Monate Sabbatical steht immer noch aus. Wish me luck.

FFM again

Mit Frankfurt verbindet mich jetz eine 20jährige Geschichte, begonnen mit der Wikimania 2005 über ein Referendariat einer Freundin bis hin zu einer weiteren syrischen Freundin, die erst in Trier lebte und nun dort bei der Commerzbank arbeitet. Bestimmte Rituale haben sich eingeschlichen, so dass Dumpling-Essen bei Aunty Zongs Noodle Bar und der Besuch des Palmengartens. Neu hinzu kommt der Besuch des Kapuziner-Klosters, direkt am Hauptmarkt gelegen. Eine Kerze anzünden, später merken, dass man da eigentlich keine Fotos machen darf, aber ich mag das Mosaik im Innenhof so, ich glaub, das ist der Dornenbusch, der da rechts oben brennt? Jedenfalls alles modern, man kann jetzt auch mit EC-Karte spenden und muss nicht Münzen oder sonstwas einwerfen.

Eine neue Entdeckung: Der Haupfriedhof. Ich habe erst Probleme, Adorno zu finden, aber eine tapfere Pilgerin lässt sich nich abbringen. Schopenhauer finde ich schnell, sein Grab ist aber nicht besonders schön. Irgendwann beschlossen, mich perspektivisch von meinen 15 Parfums zu trennen und nur noch wenige, teure zu besitzen. Dementsprechend auf der Zeil einen Zerstäuber und Nachfüllampullen Chanel No. 5 gekauft. Ein Gefühl wie damals, als ich mir einen Waldmann-Füller kaufte, ein teures Schreibgerät, das man auch den Rest des Lebens haben wird. Auf der Zeil treffen sich Hare Krishnas, Palästina-Demonstranten, missionierende Salafisten und ein riesiger Kostüm-King-Kong. Also alles wie immer. Im Palmengarten sind keine Schmetterlinge im Schmetterlingsgarten, wahrscheinlich ist gerade eine Kohorte verstorben und die neue noch nicht geschlüpft. Die Dumplings sind köstlich wie immer.

Zu Hause weniger erfreulich die Ergebnisse der Blutuntersuchung: Leberwerte und Cholesterin zu hoch, ich soll einen Termin für eine Ultraschalluntersuchung des Bauches machen, was ich aber auf nach den Urlaub verschiebe. Wenn es eine Fettleber ist, läuft das auf Diät hinaus und dazu habe ich dann erst später Lust. Bestelle aber schon mal ein entsprechendes Kochbuch. Das letzte Hemd hat keine Taschen, deshalb heute mit den Damen ins Paulaner Wirtshaus, Bier trinken und Leberkäse essen. E. zum ersten Mal in unserer Runde dabei. Wir schreiben zusammen an einem Projektantrag. S. redet mir gut zu, sie lebe schon eine halbe Ewigkeit auf Diät (Neurodermitis), auch damit ließe sich leben. Ich fühle den Sommer noch immer nicht richtig. Heute zum ersten Mal die Krähen am Straßenbeet gesehen, ein kurzer Hüpfer im Herzen. Langsam in die Planung für die Tage in der nächsten Woche (Urlaub) gehen: Ein Telefonat mit N., die jetzt schon über ein Jahr krank ist, ein Arztbesuch, Massage, ein Abendessen mit M., eine Andacht bei den Jesuiten (die hatte ich noch nicht, aber Bruder X. hat sie mir in Hamburg empfohlen). Immer noch die Vorstellung über Tage, an denen ich einfach nichts habe und mich nur treiben lasse. Aber ich bin in so vieles eingebunden, dass das kaum etwas wird. Übernächste Woche vielleicht.

Vom Wochenende + 2 Tage

Weil die Wahl in Frankreich so unsäglich ist, betreibe ich Realitätsflucht mit einer Dokumentation über Peter Lindbergh. Besonders beeindrucken mich die Bilder von Anna Nicole Smith, die ich als Person komplett verdrängt hatte. Ein Playboy-Bunny, das bei H & M-Werbung machte und vor allem Schlagzeilen, weil sie einen 89jähringen heiratete, der ihr nie ietwas vermachte. Lindbergh schaffte ihre Würde zu zeigen. In keinem seiner Bilder sieht ein Model aus wie ein Objekt, es gibt nur Subjekte. Bestelle also ein Buch.

Samstag das erste Mal seit langer Zeit wieder einen Erste-Hilfe-Kurs gegeben. Zwei Kameraden aus Kaiserlautern sind dabei, die hospitieren. G. ist am Anfang etwas nervös, ist aber ein großer Entertainer. Wir spielen uns die Bälle gegenseitig zu. Am Abend endlich ein Gewitter. Ich sitze auf dem Balkon und versuche Blitze zu fotografieren, so verpasse ich das Spiel. Mich am Sonntag weiter durch den Ratzinger gequält, der mir nicht liegt, aber ich habe mir vorgenommen, ihn durchzulesen.

Am Montag hole ich die Vespa ab, die bereits abends wieder den Geist aufgibt. Ich komme problemlos zur Abtei, schaffe aber auf dem Rückweg nicht mehr als 20 km/h. Herr X. reicht zudem nicht ein, was er hätte einreichen sollen und so kann ich nicht weiter arbeiten – Wut lässt mich die halbe Nacht nicht schlafen, als hätte irgendjemand etwas davon. Morgens wieder in die Werkstatt und ein Telefonat mit Herrn X., das mich ein wenig ruhig werden lässt. Zum Mittag Gespräch mit A. wie es sein kann, dass die Menschen ihre hart erkämpfte Freiheit so gerne wegwerfen. Sie meint, Europa sei im Abstieg und die Leute wissen das. Und das sei eben ihre Reaktion. Zum Feierabend lese ich einen schönen Satz, der von mir hätte sein können: „Für mich ist es so, dass das Leben immer spannend ist, weil ich dieses Überraschungsherz habe.“

Der kleine Knoblauch

Lächerlich winzig sind die Knollen des Knoblauchs, den ich im Oktober gepflanzt habe. Doch sie schön und schmecken hoffentlich auch.

Seit 10 Tagen steht die Futterstation für die Krähen nach nachbarlichen Auseinandersetzungen im Straßenbeet und hat dort Gottes Segen, jedenfalls hat sie bisher niemand geklaut.

Vor beginnender Urlaubszeit noch ein Treffen mit Bruder X. Wir haben uns auf einen Modus von offenen Fragen und Diskussion von Texten verständigt. Meine Fragen sind diesmal:

  1. Wo ist das lege in ora et labora (et lege) geblieben?
  2. Wie kommt der Unterschied von 73 und 66 Büchern zwischen katholischen und evangelischen Bibeln zustande?
  3. Hat jeder Mensch eine Berufung, auch die in Flüchtlingslagern?
  4. Warum isst man Oblaten bei der Eucharistie und kein ungesäuertes Brot?
  5. Ich dachte Messwein wäre rot – wieso ist der oft weiß?
  6. Warum gibt es manchmal ein oder zwei Ewige Lichte?
  7. Muss man den Rosenkranz nach Vorschrift beten oder kann man ihn einfach so als Gebetskette nehmen?
  8. Wie ist das Verhältnis von Führung und Eigenverantwortung?
  9. Die Trinidentinische Messe ist vom Ritusablauf ja eigentlich ganz nett, hatte es also politische Gründe, sie wieder ganz zu verbieten?

Weiter in „Einführung in das Christentum“ gelesen. Ich tue mich immer noch mit Ratzingers schwarz-weiß denken schwer, an einer Stelle behauptet er ensthaft, christliche Mystik wäre kein Christentum (Hallo, Eremiten?). Werde ihn aber fertig lesen.

Beim Arbeitgeber angefragt, ob ich nächsten Sommer 2 Monate unbezahlten Urlaub haben kann, ich möchte gern zur Seemannsmission in Hamburg oder irgendwo anders Basisarbeit machen. Könnte mir auch Obdachlosenarbeit bei den Kapuziner in Frankfurt oder den Franziskanern in Berlin vorstellen. Meine Chefin hat es nicht grundsätzlich abgelehnt, aber die gesamte Hochschulleitung muss zustimmen. Das sehe ich noch nicht.

Heute nochmal brav zur Urne gelatscht, Stichwahl der Ortsvorsteher. Zur Europawahl war ich Briefwahlunterlagen auszählen. Eine schöne Schicht von 12 Uhr mittags bis 0:30 Uhr in der Nacht. Am nächsten morgen gedacht, dass ich das nicht wieder mache. Aber ich glaube: eigentlich ,vermutlich, – doch.

Der Dauerregen verführt mich zu einer Sünde und ich buche doch noch eine Flugreise; Fuerteventura im November. M. freut sich, dass sie Besuch bekommt, sie wanderte vor 30 Jahren dorthin aus. So lange kennen wir uns jetzt schon. Und ich schulde ihr noch ein Essen.

Der Rest von Berlin und der Woche

Ein schöner sonniger Sonntag mit Frau Mama Wir trinken Kaffee, suchen eine Hinterhofkirche und finden sie nicht und schauen die Ausstellung über Elefantine. Ich kaufe natürlich viel zu viele Bücher, aber ist ja Urlaub, nicht? Später die Woche noch böser Unfall im Hause Mama – ihre Mama stürzt und muss ins Krankenhaus. Im Potsdamer Dom zünde ich eine Kerze für sie an. Kann mich schlecht daran gewöhnen, dass der nur an Gottesdiensten auf hat.

Montag dann nach Werder an der Havel, ein Ausflug den mir U. empfohlen hatte. Ich lerne, dass man hier gut Obstwein kaufen kann. Am Abend dann Essen bei einem Griechen in Schöneberg mit Southpark und Poux. Die beiden zu lange nicht mehr in echt gesehen, merke ich. Diskussion über Arbeit, Glauben, Familie und dass meine Dates keinesfalls immer romantische Dates sind. Was Leute sich so in Bezug auf Singles alles zusammen reimen, bzw. wie dieses Blog rezipiert wird (Ja, solche Dates gibt es auch, aber man findet hier auch anderes?). Beide möchten zur Tauffeier eingeladen werden und ich habe am Freitag tatsächlich ein Gespräch bezüglich Taufe bei den Benediktinern hier vor Ort (Nein, kein romantisches Date – Mönche!).

Dienstag dann ein Treffen mit F. , der dafür eine halbe Weltreise auf sich nimmt. Ich erhalte eine gute Führung durch die Freundschaftsinsel und lerne Bäume bestimmen. Auch hier lange Gespräche über seinen Glaubensweg. Nach dem Mittagessen besuchen wir noch die Ausstellung über Karl Foerster, der mir natürlich auch nicht bekannt war. F. lebt irgendwo am Ende der Welt, was ich nicht könnte, er ist aber am Abend froh wieder in der Stille zu sein.

Mittwoch Wannsee – wunderbar! Sogar ein FKK-Bereich, nichts ist lästiger als Sandkrümel aus Badeanzügen zu klopfen, insofern immer bevorzugt, wenn möglich.

Zu Hause allen möglichen Kram erledigen. Wäsche, Vespa in die Werkstatt, Straßenbeet aufhübschen. Die Krähen haben die Futteranlage geschrottet und ich besorge eine neue. Am Samstag zur Vesper in die Abtei, traue mich erstmals im Chorraum mitzusingen. Georg Waldmensch verspricht mir noch ein Foto meiner gepflanzten Sandbirke zu senden und: Freibad nun.

Potsdam / Berlin 1

Bemerkenswert wie man aufhört zu schreiben, wenn man betet. Weil man sich jetzt ja anders mitteilt. Eine Entwicklung, die mir nicht gefällt. Die alte Dame beim Frühstück sagt: Meinen Mann habe ich zu Hause gelassen, der will sich sowieso nicht bewegen. Sie erzählt von ihren Reisen und dass sie jährlich ein Fotobuch macht, damit sie später Erinnerungen hat, wenn es nicht mehr geht. Genauso mache ich es auch.

Eine kleine Gruppe zur Stadtführung. Das holländische Viertel, das einst Szene-Kneipen beherbergte ist nun durchsaniert und tot. Am alten Marktplatz an der Nikolaikirche will man mindestens 20% Wohnungen mit Mietpreisbundung schaffen, damit es nicht endet wie in Dresden an der Frauenkirche: Sobald abends die Touristen weg sind ist alles tot. Ich lerne was Günther Jauch und Hasso Plattner so alles spendeten. Ich flirte mit einer Spende für einen Ziegel in der Garnisionskirche. Mir war nie so bewusst wie stark Potsdam vom Militär geprägt war. Und die unterschiedlichen Geschmäcker des alten Fritz mit seinem Holländer-Fimmel und dem jungen Fritz mit seinem Italien-Fimmel.

Am Abend ein Blind-Date treffen mit Blueskyern im Biergarten an der Spree. Man täuscht sich nie: Die, die einem online sympathisch sind, sind es meistens auch in real. Ich erinnere mich an 2004. Ganze 20 Jahre ist es her, dass ich mit Southpark den Hamburger Wikipedia-Stammtisch gründete.

Samstag Vormittag dann Sanssouci. Das Teehaus ist immer wieder schön, leider wird in der Friedenskirche gerade aufgebaut für ein Konzert am Abend. Nachmittags das nächste Blind-Date-Treffen mit U. auf einen Kaffee. Er ist genauso warmherzig wie ich es erwartet hatte und erzählt einiges über sein Viertel.

Ein wenig ärgere ich mich, dass ich die Woche so mit Verabredungen voll geknallt habe, so habe ich nur einen Tag, an dem ich mich wirklich treiben lassen kann. Anderseits war das der Sinn der Reise: Leute treffen.