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Erste Juniwoche 2023

Frau Mama schläft schlecht und ich auch und dann kann ich ja gleich mitbloggen. Muss langsam zurück ins Leben, merke ich. Montag das erste Mal seit einer halben Ewigkeit beim Training, C. quatscht mich an, ob ich nächste Woche mit einer behinderten Olympiamannschaft zusammen trainieren möchte. Ich habe keine Ahnung, was man da machen muss, sage aber erst einmal ja. Fühle mich immer noch nicht „lustig“ genug für Menschen, aber muss ja. Auch das erste mal seit Wochen Teamsitzung. „Wie geht es dem Hund?“, frage ich S. „Ja, der ist tot“, sagt sie. Bisschen geschockt, mein letzter Stand war Antibiotika. Organisiere für sie ein After-Work-Grillen nächste Woche, damit sie nicht traurig zu Hause rumhängt. Lela liegt im Garten der Eltern, werde ihr einen kleinen Grabstein/eine kleine Grabplatte malen. Für einen Schwan habe ich das ja gerade hinter mir. Es ist in Trier nicht möglich große Kiesel zu organiserien, nur im Baumarkt als 25-Kilo-Pack, na danke. Also Schieferplatte, für Amazon habe ich keine Zeit. Noch ein gemachtes Fotobuch von der Beerdigung abholen und an alle versenden.

Nach zu kurzer Nacht Donnerstag um 4:45 Uhr aufstehen, die Strecke ist mit einem Busersatzverkehr beglückt worden. Am Bahnhof frage ich den dort stehenden Busfahrer, ob dies der Ersatzverkehr nach Mettlach sei. Er sagt: Nein. Später kommt ein zweiter Mann hinzu und es stellt sich raus, dass er das sehr wohl ist. Wir fahren nicht, wie anzunehmen ist, die B51, sondern verfahren uns in der Hügellandschaft um die Mosel. Einmal muss er wenden. Ich hatte ja schon vieles, einen sich verfahrender Schienenersatzverkehr, nicht. Brauche insgesamt 10 Stunden bis ich im Hotel bin. Mit mir: Horden von Rammstein-Fans, die schlussendlich nachts doch ruhiger sind als angenommen. Treffen mit dem Künstler, das Beet von Edelgut (Schwan) pflanzen. Kaffee, Spazierengehen, Quatschen, sehr schön, sehr angenehm. Zurück im Hotel kommen die Gewitter wieder, wunderschöner Regen. Schlafe aber wieder nur 5 Stunden und bin jede Stunde wach, zu viel, was noch in mir brodelt und sich nicht richtig setzt. Heute oder morgen nach Dachau, das war der eigentlich Plan.

Wuppertal

A. empfahl den Botanischen Garten als Reiseziel und mein Hotel liegt glücklicherweise direkt unterhalb. Über Treppen hinauf liegen oben die Hardt-Anlagen und darinnen der Botanische Garten. Ich fotografieren in erster Linie Blätter, die mir an dem Tag besonders auffallen. Im Hardt-Stübchen gibt es alle Variationen von Pfannkuchen und einen sehr urigen Gastwirt. Für mich welche mit Champignons und Schinken und ein Radler.

Am nächsten Tag nach Kempen, „the Boy“ treffen. Er hatte Trier sehr spontan verlassen, nachdem A. sich von ihm getrennt hat. Irgendwas mit einem anderen, der aber wohl doch nix festes von ihr will. Auf der Arbeit fragen alle: Wer hat die Vögel bekommen? Sie wie es scheint. Man merkt, dass Frust an ihm klebt, aber ich bohre auch nicht weiter nach. Außerdem ist da jetzt eine Sabine, die kann das vielleicht richten. Auf dem Grundstück seiner Großeltern wird gerade ein Mehrfamilienhaus gebaut, er bekommt eine Wohnung, sobald das fertig ist. Bis dahin wohnt er wieder bei seinen Eltern.

Obwohl es ein schönes Wochenende war, ist relativ wenig hängen geblieben. Ich strebe mental so dem Freitag entgegen. Dann ist sie endlich beerdigt. Und ich habe das Gefühl, dass ab dann mein Leben auch weiter geht.

Hamburg

Auf der Hinfahrt sehr ruhig. Konzentriertes Arbeiten macht die Fahrt kurzweilig. Am Nachmittag auf der Fuhslbütteler Straße dann plötzlich schwere Durchfälle, die mich direkt auf der Straße überkommen. Eine Situation, die ich in diesem Leben bitte nicht noch einmal erleben möchte. Ich habe die Zuckerersatzstoffe in Verdacht, von denen ich weiß, dass ich sie nicht essen darf. Zum Glück habe ich Waschmittel eingepackt, allerdings nur eine Hose, die der Hotel-Fön trocknen muss. Ich plane für den Rest des Abends „irgendwas mit Ruhe“, aber CG1 meldet sich spontan und wir videokonferieren fast 2 Stunden. Ich darf ihn nicht Komplett-Freak nennen, weil er für 10.000 Euro Fahrräder gekauft hat, weil „Du bindest Leuten Gliedmaße ab, so kann man keine Männer kennenlernen“.

Samstag Vormittag in die Stadt. Obwohl der Magen immer noch flau ist, esse ich Grünkohl, man weiß ja nicht, wann und ob man im Süden wieder was bekommt. Im Hotel dann aber doch 2 Stunden Mittagsschlaf, der Körper ist irgendwie kaputt. Zu A1 zur Geburtstagsfeier. Ihr Mann schnallt nicht, dass das ihre Gäste sind und dirigiert stundenlang die Unterhaltung. Keine der Anwesenden weiß, warum die beiden immer noch verheiratet sind, aber Ehen sind komische Gebilde, deren Funktionsweisen sich Dritten nicht immer erschließen. Nach dem Essen verpieseln wir uns als Damen-Clique auf den Dachboden, wo A. ein ausgebautes Arbeitszimmer hat und lassen den Ehemann vor dem Fernseher. Dann beginnt die eigentliche Party. Wie zu Jugendzeiten, irgendwie.

Am Sonntag bei der Mutter zum Frühstück. Wir schauen alte Fotos, aber vieles erkennt sie nicht mehr. Nachmittags mit dem Bus an einen See, ein bisschen laufen, soweit sie kann und Kaffee trinken. Es ist immer noch eisig kalt.

Am Montag der Versuch, die Al-Nouri Moschee zu zeichnen. Die Rückfahr-Route wird von der Deutschen Bahn umgelegt, aber wie ein Wunder komme ich doch pünktlich an.

Zu Hause den Herzschmerz nicht mehr aufschieben können. Ich war ja froh ein paar Tage fliehen und aufschieben zu können und mich den Dingen nicht stellen zu müssen. Das geht jetzt nicht mehr. Mensch, Du siehst so traurig aus, sagt A2. heute in der Mittagspause. Manchmal ist das eben so, sage ich. A. auch: Ich finde das ganz schön mutig! Und: Ist doch gut, dass das jetzt geregelt ist, dann kannst Du das wegstellen. Ich verspreche ihr besser drauf zu sein, wenn wir morgen ausgehen. Frage mich später, was einen eigentlich traurig macht. Die nicht stattgefundene Zukunft, denke ich. Frau W., Sammlerin nicht stattgefundener Zukünfte (Plural?).

München, Reste

Auf dem Rückweg die Pflanzen fallen lassen, die Zinnien überleben es nicht bis auf 3. Ich setze sie schnell um. Bei den anderen wird man sehen.

Reste: Der jüdische Friedhof ist an Shabbat geschlossen und so besuche ich Gustav Landauer an einer Graffiti-Wand in Giesing. Das nächste Mal also. Und Dachau auch. Im MUCA fühle ich mich unwohl und bedrängt. Ich haue schnell wieder ab.

Der Künstler malt mit seinem Kaffee & ist offensichtlich nicht ganz dicht. Ich habe ihn also gern. Auch: Sehr deutsch, sehr verkopfert, fürsorglich. Die Zeichnerei ist ihm festes Terrrain und so werde ich durch eine Postkarte geschupst, zwecks gemeinsamer Zeichnerei. Das nächste Mal überrumpele ich dich, denke ich. Dann legst Du mir einen Druckverband. Die Karte (schön geworden) geht an U., wo ja sonst nicht mehr viel geht. Der andere CG ist seit einer Woche verschwunden, was mich langsam beunruhigt. Er wollte mit dem Rad 43km nach Oldenburg fahren, das Telefon ist seit Tagen nicht connected. Anderseits hatte er schon immer ein Talent für’s dramatische Verschwinden. Von M. daheim im Kasten eine Urlaubspostkarte. Er schreibt von einem Ferienpark „der sieht aus wie Steilshoop im Urlaub“. Hole alte Fotos aus dem Regal und ich bilde mir das tatsächlich nicht ein: CG1 und CG2 sehen sich relativ ähnlich.

Was mir nachhängt: Beckmanns Fenster-Aussichten, dass seine gemalten Gesichter oft halb verdeckt sind oder wegschauen, dass man roten Felsen mit Sonnenblumenöl mischen könnte, die Amazon-Halle, D. in der Maschinenhalle malen (?- will er nicht, will er nicht!), der U-Bahn-Mann, Tropenhölzer. Was ansteht: Alltagsgedöns, Wäsche, Einkaufen, Rechnungen bezahlen.

P.S. Achja, ich kaufte einen roten Mantel.

Hamburg, Februar

J. sagt die Verabredung für Samstag ab. Ihre Weigerung sich krank schreiben zu lassen hat ihr eine Lungenentzündung beschert. Ihre Schwester bestand auf einen Arztbesuch und nun ist sie eben doch zu Hause. Mit der Mutter im Stadtpark. Das Laufen ist ihr mühselig, wie jetzt alles mühselig ist. Aber ihre Stimmung ist stabil und das erleichtert mir den Besuch. Die Cafes sind alle in Winterpause, das kenne ich so nicht, vielleicht eine Folge von Corona. Mit Bruder und Schwägerin im Altonaer Museum, eine Ausstellung über Künstlerpostkarten. Ich lerne, dass das Altonaer Museum über 500.000 Bildpostkarten hat. Das war mir nicht bekannt.“Ja, es passieren ja auch immer weniger Geschichten um einen herum“ sagt die Schwägerin als wir über Ideen für Zeichnungen sprechen. Sie ist kaum älter als ich und mir macht das Angst. Ich für meinen Teil brauche ja eine Geschichte, ich kann mit reinen Formen etc. nix anfangen, vielleicht als Handwerksübung, das ja. Die Schwägerin verweist mich auf sketchbook.hamburg, ich solle ein Skizzenbuch machen und da einreichen. Aber ich mag das Postkartenformat und es hält mich auch bei der Stange. Ich hatte mal ein Skizzenbuch angefangen, das schlief aber sehr schnell wieder ein. Ich möchte auch gar nicht Bestandteil einer Ausstellung sein, merke ich dann.

Wieder daheim: Der Italienisch-Kurs geht vielleicht nicht weiter, was mir im Moment ganz recht ist. Die vielen Personen in mir, mit all ihren Interessen zerreiben mich gerade. Auch daraus eine Postkarte gemacht. Später sind mir mindesten noch 2 weitere Personen eingefallen (Schwimmerin, Internetlebensform), die auch zufrieden gestellt werden wollen. Weitere Samen besorgt. Festgestellt, dass die Samen der Dattelpalme mindestens 2-5 Monate brauchen, um zu keimen. Außerdem gelernt: Bäume kommunizieren über Pilze und Springspinnen träumen. (Unbedigt zeichnen: Die träumende Springspinne).

Es herrscht Gedrängel

Nächste Woche München. Ich habe ein Date mit Kerleone. Nach 18 Jahren, man fasst das gar nicht. Grabe alte Posting über blogmich05 aus und die wunderbaren Fotos von Ralph Segert. Immer gedacht, man sollte das 2025 wiederholen, aber sowas lässt sich nicht wiederholen und wenn, wäre es nur wie so ein blödes Klassentreffen. Außer irgendwer hätte eine Idee wie man ein cooles Klassentreffen macht (Will jedenfalls nicht akzeptieren, dass wir jetzt alle alt und uncool sind). Dann noch ein Treffen mit Herrn G. Auch große Freude. Dass neue Leute hinzukommen ist ja vielleicht auch ein Zeichen, dass man noch nicht komplett verstaubt ist.

Holterdipolter in 2023

Die Nacht über schwere Durchfälle, die wohl auf die luftgetrockneten italiensichen Nudeln zurückzuführen sind (?). Trinke schwarzen Tee, esse Banane, reibe einen Apfel, später noch eine Gemüsebrühe. Außer Einkaufen passiert heute nicht mehr viel, denke ich.

Das Jahr beginnt holperig und verpeilt. Kaufe eine Bahnfahrkarte für in zwei Wochen auf das aktuelle Datum & kann natürlich nicht mehr kostenfrei stornieren. Die bestellten BH’s bei Amazon bestelle ich etliche Nummern zu klein. Ich lerne, dass man den Kram in jeder Postfiliale einfach unverpackt wieder abgeben kann, wenn man einen QR-Code von Amazon mitbringt. Die packen das dann ein und senden es an Amazon zurück. Die neue Blumenvase lasse ich prompt 10 Meter nach dem Verlassen des Geschäftes mit der Tasche fallen. Der junge Verkäufer ist lieb, als ich trostlos schauend das nächste Exemplar an die Kasse schleppe: „Wir tun einfach so, als wäre die Vase hier im Geschäft kaputt gegangen und ich schreibe das dann ab.

Die neue Vase

„Ich wüsste gar nicht, was ich da drin habe„, sagt A. am Telefon, als ich von der gestohlenen Brieftasche erzähle. Und ich merke, dass mir das auch so geht. Einiges habe ich komplett verdrängt, zum Beispiel den Organspendeausweis. Also ab in die Apotheke, da ist ja schon der neue. Diese ganzen kleinteiligen Dinge, die mich die Woche über beschägtig haben.

Spende auch Du deine Organe

Italien hängt mir noch nach. Irgendwie ist es niedlich wie der aktuelle Papst das Angelus immer mit „buon pranzo e arrivederci“ beendet (Gutes Mittagessen und Auf Wiedersehen!). Jetzt auf dem Reisezettel: Aachen, Hamburg, München. Aachen hat ein ganz wunderbares Jugendstilbad, das ich unbedingt erschwimmen muss. Und den Dom, natürlich. Ich erinnere mich auch an ein gutes, türkisches Restaurant in dem ich vor Jahren mal war. Das Müller’sches Volksbad in München ist natürlich auch großartig, da war ich 2018. Die botanischen Gärten und der Schlosspark Nymphenburg sind im Februar vielleicht etwas karg, möchte ich aber trotzdem sehen. Oder Herr Rmr geht mit mir in die Beckmann-Ausstellung (er weiß nur noch nix davon). Aufbruch und Reise passen ja ganz gut.

Ich müsste noch putzen für den Besuch morgen, aber das geht sicher auch noch morgen. Jetzt erst mal Gemüsebrühe.

Hasst Rom mich?

Das Jahr endete mit einigen Widrigkeiten: Die Menschen, die ich sehen wollte, waren woanders, in der Metro stiehlt man meine Brieftasche und dann starb auch noch der Papst. Ich lerne erst einmal einen wichtigen Satz: Ho bisignio di una denuncia furto (Ich brauche eine Diebstahlsanzeige). Ansonsten ist Rom einfach irrwitzig schön, ich bereue nichts.

Sowieso muss man jeden Ort mindestens zweimal bereisen. Das erste Mal benötigt man, um herauszufinden, wie alles so geht. Zum Beispiel, dass es im Café nebenan einen Hinterraum gibt, wo mittags kantinenartig Mittagessen serviert wird. Man bestellt an der Theke von der Auslage und isst auf einfachen Holztischen. Sehr schön.

Sachen die ich empfehlen kann: Park Villa Borghese, Nationales Museum für moderne Kunst, Castel St. Angelo, Galleria Borgehese (Tickets vorbestellen!). Generell einfach durch die Innenstadt laufen und durch die alten Kirchen gehen (z.B. St. Barbara dei Librai, Sant’Antonio dei Portoghesi). Gutes Streetfood gibt es bei Corner Pizza. Das Kolloseum, die Spanische Treppe und der Treveri-Brunnen sind sicherlich sehenswert, waren mir aber dann doch _zu_ voll. Die Vatikanischen Museen habe ich auf nächstes Mal verschoben.

Ich war zunächst unentschlossen, ob ich mir den toten Papst anschauen soll. Aber wann ist man schon mal Zeuge eines zeitgeschichtlichen Ereignisses? Als ich an ihm vorbeigehe, kommt es mir dann aber doch falsch vor: Er ist extrem klein und eingefallen, eigentlich nicht mehr so, dass man ihn öffentlich zeigen sollte. Auch mit dem ganzen Make-Up nicht. Das Drumherum ist natürlich sehenswert: Priester und Nonnen, Touristen mit Handy-Foto-Sucht, eine Frau, die eine italienische Fahne um die Schulter trägt und bitterlich weint.

Ich recherchiere einiges zu Ratzinger, da ich als Heide vom Papsttum nicht wirklich Ahnung habe. Kartoffel-Twitter natürlich wieder am rumnölen, zum Teil mit verstörenden Infos aka Kinderschänder-Unterstützer. Meine Recherchen ergeben, dass es währen seiner Amtszeit rund 500 Leute deswegen entlassen hat – und nicht nur versetzt, wie andere das so machen. Auch hätte er angeblich ein 9-jähriges Mädchen exkommuniziert – das wurde von der Kirche zwar dementiert, aber wen interessiert’s, wenn man einfach nur auf „Teilen“ klicken muss? In Interviews, die ich sehe, scheint er mir nicht blöd, wenn natürlich auch in vielem anderer Ansicht zu dem, was ich so denke. Jedenfalls hat das Genöle dazu geführt, mir ein Buch von ihm zu bestellen, um genauere Einblicke zu erhalten.

Zu Hause liebe Silvesterpost vom Schockwellenreiter. An alle Alt-Blogger (falls ihr hier mitlest): Jörg geht es gesundheitlich eher bescheiden, sie konnten nicht mal den Hund behalten. Wobei ich mir den Schocki ohne Hund gar nicht vorstellen kann. Whatever, er freut sich bestimmt über Post, klickt doch mal hier.

Zugnotizen

Warum sie immer was für andere machen würde und wann mal jemand etwas für sie, schreibt eine. Ich schreibe, das ist so, weil dass das Leben ist, das man haben will. Man will sich kümmern, um die Menschen, um die Welt. Und nicht bloß Arbeit und Fernsehen. Zwangsweise kostet das Kraft.

Am andern Tag, Madame A., fröhlich: Das ist ganz leicht!

Die Essgruppe in der Küche, noch aus Studienzeiten, ist nach 30 Jahren auseinandergefallen. Also eine neue für Januar bestellt.  Da ich zu den 5% der Deutschen gehöre, die nicht räumlich sehen können und somit kein dreidimensionales Vorstellungsvermögen habe, sind IKEA-Anleitungen für mich noch entsetzlicher als für andere Menschen. Die Kartons stehen in der Regel mehrere Tage herum bis ich mich aufraffe und unter stundenlangen Qualen und Fehlversuchen, Dinge zusammenbaue.

Madame A., fröhlich: Aber jeder braucht doch Hilfe!
Ich: Ach so.

Außerdem stellen wir fest, dass, wenn der Tisch aufgebaut ist, man da einen Raclette draufstellen kann. Es ist also abgemacht.

Engelchen

Am Wochenende mit der anderen A. mach Koblenz. Es ist saukalt, aber sie hat mich überredet, mir den Christmas Garden auf Ehrenbreitstein anzuschauen. Im wesentlichen Lichtinstallationen, ganz hübsch, aber für den richtigen Weihnachtsmarktkick muss man in die Stadt. A. kennt Koblenz nur aus dem Hochsommer, nur so kann ich mir erklären, dass sie bei diesen Temperaturen eine Vorliebe für einen Eisautomaten entwickelt. Gibt’s nicht, sage ich. Vorher stopfe ich Reibekuchen in sie rein. Sowieso dieses Jahr einen ganzen Weihnachtsmarkt-Marathon absolviert. Einmal mit der Arbeit (allgemein), einmal mit Chefin und Kolleg:innen, einmal mit einer Kollegin, einmal mit A. in Koblenz, einmal mit dem Personalrat und dann noch einmal mit Familie (to come). Was ich in den Region schätzen gelernt habe: Glühwein aus Weißwein. Schien mir als Fischkopp seltsam und eklig, ist es aber nicht.

Hamburg . Wir feiern mit der Familie wie letztes Jahr Weihnachten ein Wochenende vorher. Menschen, die das brauchen, schauen mich mitleidig an: Ach, dann bist Du Heiligabend ja ganz alleine, nein, also zu uns kannst Du leider nicht kommen (als wenn ich das wollen würde). Da es noch nach Rom gehen soll bin ich ganz froh, dass sich die Termine nicht stapeln. Ich gammel Weihnachten vor mich hin. Mit viel Essen.

Ich habe wenig Pläne für 2023, vielleicht weil dieses Jahr so viel war. Trotzdem kommt mir das mehr als seltsam vor, weil ich eigentlichn eine Planerin bin.

Wenn ich nichts mehr tippe: Guten Rutsch.

22.11.22

Frau Mama sagt, 22.11.22 wäre ein schönes Datum zum Bloggen. So sei es.

Die kleinen Datteln der Kanarischen Dattelpalme lassen sich einpflanzen und neue Palmen daraus ziehen, sagt der Wanderführer und ich stecke drei in die Hosentasche. Wenn man das Fruchtfleisch entfert, bleiben Samen übrig, die wie Kaffeebohnen aussehen. Man macht aus den Früchten einen Sirup der wunderbar zu Ziegenkäse schmecken soll. Früher nannten sie ihn Palmhonig, das hat die EU verboten, da keine Bienen im Spiel sind – dann eben Palmsirup. Zum Essen sind die Früchte zu klein und fleischlos, werden aber an Tiere verfüttert. Mir tun die Beine nach der Wanderung weh, ich bin nicht wirklich eingelaufen.

Die Stifte, die ich mitgenommen habe, gefallen mir nicht und so suche (und finde) ich eine Papeleria am Hafen. Der Besitzer erklärt mir in hektischem Englisch, dass er keine Kartenzahlung akzeptiere, für mich aber eine Ausnahme mache. Natürlich kaufe ich auch noch ein Notizbuch, das ich nicht brauche (Hallo Maarten). Ich mag den Typen und seinen Laden und bevor ich wieder abreise, kaufe ich sicher noch einmal etwas, das ich nicht brauche.

Die Insel ist voller ältlicher Hippies, die irgendwie in den 80ern hängen geblieben sein müssen. Ich lande auf dem Rückweg ernsthaft in einem Laden mit gebatikten Klamotten, der nach Patschuli riecht. Am Nachmittag sitze ich auf den Balkon und male arabische Wörter auf Karten, Kalligraphie mag ich das nicht nennen. Ein Arbeiter „schält“ die Palmen am Straßenrand mit einer Motorsäge. Das dient dem Insektenschutz. Die können sich in den „Schuppen“ einnisten und Schaden anrichten. Anderen wäre das zu wenig Urlaubsfeeling, aber ich mag die Arbeitsatmosphäre. Als er bei „meiner“ Palme landet verkrümele ich mich ins Wohnzimmer, der herüberwehende Palmenrindenstaub macht weiter zeichnen unmöglich. Später die Runden im Pool absolviert. ich schwimme die Normzeiten für den Rettungsschwimmer nach Corona immer noch nicht.

Randbemerkt: Ich könnte hier auch gut überwintern. Gibt wenig, was mich im Moment zu Hause hält.

Netzleben: Ich will den Twitter-Account eigentlich dicht machen, tue mich aber schwer, einige zu verlieren: Frau Mama, Harm, Fab, Opa Antifa, den alten Saed. Aber es nervt schon beim Lesen: Nicht ein Tag ohne leidige Aufregungsdiskussion (Fußball, Binden). Ich bin so alt, ich will da keine Lebenszeit mehr drauf verschwenden (und im Urlaub schon gar nicht). Ein wenig schwappt schon nach Mastodon rüber, schalte alles stumm, was mich damit vollmüllt. Schön: Poux und South, die sich vor einigen Jahren von Twitter verabschiedet haben, sind auf Mastodon wieder da.

Sound of the city

Ab Münster gibt es so etwas wie grün, dass das Herz erleichtert, die abgestorbene Vegetation in Trier hat mich emotional belastet. Auch spürt man Natur hier ja eh nicht so, da es eine Großstadt ist.

Treffen mit J. im Park. Die Leichtigkeit mit der wir Gespäche führen und die Leichtigkeit mit der wir aneinander anknüpfen können, auch nach längerer Zeit der Abwesenheit, die ist sehr wohltuend. Sie wirkt sehr müde, der Job als Kindergärtnerin, 2 Corona-Infektionen kurz nacheinander, sie ist jetzt Mitte 50. Die Kirchenleitung sagt, sie könne ruhig mal eine Kur machen, aber ihr Pflichtbewusstsein schafft das nicht. Ich rede auf sie ein, sehe aber, dass das sinnlos ist.

Am nächsten Tag die andere J., J2. zur Mittagspause. Ebenfalls Mitte 50, voller Tatendrang: Lässt sich gerade scheiden, hat mit ihrem neuen Freund ein Haus in Südfrankreich gekauft, für sich selbst aus dem Scheidungsgeld + Kredit ebenfalls ein kleines in Billstedt. Eine Anlage soll es ein, damit die Söhne später etwas haben. 30 Jahre mit einem sehr gut verdienenden Ingenieur verheiratet, immer auf hohem Standard gelebt, Häuser, teure Reisen.

Die Klassenunterschiede der J’s. Lieben tue ich beide.

Wir reden über Prioritäten für diesen Winter, denn auch wir werden uns einschränken müssen. J2 ist mir sehr ähnlich, sie liebt Reisen und Sprachen. Ich könnte eher auf das Heizen von Zimmern verzichten als auf das Herumfahren.

Am Abend Spaziergang am Hafen.

Dienstag Abend dann Bruder und Schwägerin. Familiengeschichten, die Sorge um die Mutter. Auch hier keine Pläne bezüglich politischer Aktivitäten im Herbst, es ist sehr deprimierend. Erstaunen auch darüber, in den letzten Wochen zu viele Gespräche mit Menschen gehabt zu haben, die ich als erheblich politischer einschätze als mich selbst: Alle demotiviert, alle kein Plan. Mir selbst Grundlagen der Geopolitik von Dugin bei Amazon in Englisch geladen. Das Buch ist furchtbarer (oder so furchtbar) wie angenommen: Esoterischer Quatsch mit Erd- und Wasserkräften, gepaart mit Raumphantasien a la Volk ohne Raum. Es wäre skurril, wenn es nicht so gefährlich wäre. Völliges Unverständnis darüber, dass Teile der Linken diesen Quark auch noch in abgespeckter Form verbreiten.

Geräusche, die es in Hamburg nicht gibt: Glockenläuten.
Geräusche, die es in Trier nicht gibt: Das Bremsen der U-Bahn