Auf dem Rückweg die Pflanzen fallen lassen, die Zinnien überleben es nicht bis auf 3. Ich setze sie schnell um. Bei den anderen wird man sehen.
Reste: Der jüdische Friedhof ist an Shabbat geschlossen und so besuche ich Gustav Landauer an einer Graffiti-Wand in Giesing. Das nächste Mal also. Und Dachau auch. Im MUCA fühle ich mich unwohl und bedrängt. Ich haue schnell wieder ab.
Der Künstler malt mit seinem Kaffee & ist offensichtlich nicht ganz dicht. Ich habe ihn also gern. Auch: Sehr deutsch, sehr verkopfert, fürsorglich. Die Zeichnerei ist ihm festes Terrrain und so werde ich durch eine Postkarte geschupst, zwecks gemeinsamer Zeichnerei. Das nächste Mal überrumpele ich dich, denke ich. Dann legst Du mir einen Druckverband. Die Karte (schön geworden) geht an U., wo ja sonst nicht mehr viel geht. Der andere CG ist seit einer Woche verschwunden, was mich langsam beunruhigt. Er wollte mit dem Rad 43km nach Oldenburg fahren, das Telefon ist seit Tagen nicht connected. Anderseits hatte er schon immer ein Talent für’s dramatische Verschwinden. Von M. daheim im Kasten eine Urlaubspostkarte. Er schreibt von einem Ferienpark „der sieht aus wie Steilshoop im Urlaub“. Hole alte Fotos aus dem Regal und ich bilde mir das tatsächlich nicht ein: CG1 und CG2 sehen sich relativ ähnlich.
Was mir nachhängt: Beckmanns Fenster-Aussichten, dass seine gemalten Gesichter oft halb verdeckt sind oder wegschauen, dass man roten Felsen mit Sonnenblumenöl mischen könnte, die Amazon-Halle, D. in der Maschinenhalle malen (?- will er nicht, will er nicht!), der U-Bahn-Mann, Tropenhölzer. Was ansteht: Alltagsgedöns, Wäsche, Einkaufen, Rechnungen bezahlen.
Die Planung: Ein Ethnologe, den ich 2005 in einer Fabriketage im Berliner Osthafen getroffen habe, ein von Tieren beseelter Künstler und O. kann ich leider nicht treffen, weil „ I am with security details and won’t be able to move freely“.
Komme am Mittwochabend an und schaffe noch ein Sonnenuntergangsfoto an der Frauenkirche, die mir weniger gefällt als die Liebfrauenkirche in Trier. Ich kaufe am Karlsplatz heiße Maronen, was mich an Heidelberg erinert und frage mich, warum es die in Trier und weiter nördlich eigentlich nicht gibt. Überraschenderweise geht mein Italienischkurs doch weiter und ich schaffe es rechtzeitig ins Hotel, um mich zum Kurs einzuloggen. Sie haben mir ein Zimmer mit Balkon gegeben, mit einem schönen Blick auf die Paulskirche.
Am Donnerstagmorgen in den Botanischen Garten. Was für ein dämlicher Monat für Botanische Gärten der Februar ist, aber immerhin haben die Gewächshäuser auf. München ist voll von Kunstmuseen (was mir in meiner Ignoranz nicht aufgefallen ist), aber es scheint wenig zu geben, was man hier sonst machen kann. Ich war zuletzt 2016 hier, damals im Deutschen Museum und im Müllerschen Volksbad (was ich sehr geliebt habe). Ich hatte ein Zimmer im 10 Stock einem Motel-One-Hotel und konnte damals auf die Alpen blicken. Dieser Blick ist mir im Wesentlichen erinnerlich. Im Botanischen Garten lerne ich, dass man aus Brechnüssen vorzüglich Strychnin gewinnen kann und das Zimt eine Baumrinde ist, was vermutlich banal ist, mir aber nicht bekannt war. Hinterher brav Schloss Nymphenburg besichtigt und ein wenig in der Sonne im Schlosspark geschlafen. Ich kaufe eine Postkarte für A., die Schlösser so liebt. Etwas in der Stadt essen, zu teure Schokolade bei Läderach kaufen und dann zum Englischen Garten weiter gefahren. Hier bekomme ich den Rest der Sonne und noch etwas Straßenmusik mit.
Freitagmorgen in die Stadt, einen roten Mantel gekauft. Ich kann das grau nicht mehr ertragen. N. schreibt mir auf WhattsApp, dass sie genau den gleichen kürzlich erworben hat, nun laufen wir im Partnerlook.
Mittags eine riesige Pizza mit Kerleone. Wir sprechen über das Freiberuflertum, WG-Leben, Partnerschaftengestaltung und über „das Alter“. „Wie nimmt deine Umgebung dich wahr?“, fragt er & will darauf hinaus, dass ich wohl der Exot sein könnte (so wie er), aber ich sage bloß: Autonom. Ich hatte immer geglaubt, dass „Exot“ läge an Trier, aber vielleicht liegt es doch daran, dass alle um einen herum auf eine spezielle Art alt werden und man selbst nicht, jedenfalls nicht so. Auf jeden Fall sind wir uns einig, dass die Verbürgerlichung den Tod der geistigen Beweglichkeit darstellt. K. nimmt sich jeden Tag eine Stunde neben dem Beruf, in der er Sprachen lernt oder liest, was ihm wichtig ist. Ich erzähle ihm von den vielen Gestalten in mir und was die alle wollen. K. ist dafür Blogmich25 zu machen, ich denke, das ist doch wie Klassentreffen. Man wird sehen. Immerhin kenne ich jetzt seinen Vornamen.
Hinterher noch einmal zum Botanischen Garten. Dort gibt es ein BiotopiaLab, das nur Freitags und am Wochenende geöffnet hat. Es gibt dort eine Ausstellung über den Duft ausgestorbener Pflanzen, der anhand von DNA-Proben rekonstruiert wird. Der Gedanke faszinierte mich, sobald ich ihn las. Dort angekommen dann eher enttäuscht, die Ausstellung ist sehr spärlich und man kann nur einen Duft riechen.
J. sagt die Verabredung für Samstag ab. Ihre Weigerung sich krank schreiben zu lassen hat ihr eine Lungenentzündung beschert. Ihre Schwester bestand auf einen Arztbesuch und nun ist sie eben doch zu Hause. Mit der Mutter im Stadtpark. Das Laufen ist ihr mühselig, wie jetzt alles mühselig ist. Aber ihre Stimmung ist stabil und das erleichtert mir den Besuch. Die Cafes sind alle in Winterpause, das kenne ich so nicht, vielleicht eine Folge von Corona. Mit Bruder und Schwägerin im Altonaer Museum, eine Ausstellung über Künstlerpostkarten. Ich lerne, dass das Altonaer Museum über 500.000 Bildpostkarten hat. Das war mir nicht bekannt.“Ja, es passieren ja auch immer weniger Geschichten um einen herum“ sagt die Schwägerin als wir über Ideen für Zeichnungen sprechen. Sie ist kaum älter als ich und mir macht das Angst. Ich für meinen Teil brauche ja eine Geschichte, ich kann mit reinen Formen etc. nix anfangen, vielleicht als Handwerksübung, das ja. Die Schwägerin verweist mich auf sketchbook.hamburg, ich solle ein Skizzenbuch machen und da einreichen. Aber ich mag das Postkartenformat und es hält mich auch bei der Stange. Ich hatte mal ein Skizzenbuch angefangen, das schlief aber sehr schnell wieder ein. Ich möchte auch gar nicht Bestandteil einer Ausstellung sein, merke ich dann.
Wieder daheim: Der Italienisch-Kurs geht vielleicht nicht weiter, was mir im Moment ganz recht ist. Die vielen Personen in mir, mit all ihren Interessen zerreiben mich gerade. Auch daraus eine Postkarte gemacht. Später sind mir mindesten noch 2 weitere Personen eingefallen (Schwimmerin, Internetlebensform), die auch zufrieden gestellt werden wollen. Weitere Samen besorgt. Festgestellt, dass die Samen der Dattelpalme mindestens 2-5 Monate brauchen, um zu keimen. Außerdem gelernt: Bäume kommunizieren über Pilze und Springspinnen träumen. (Unbedigt zeichnen: Die träumende Springspinne).
Es herrscht Gedrängel
Nächste Woche München. Ich habe ein Date mit Kerleone. Nach 18 Jahren, man fasst das gar nicht. Grabe alte Posting über blogmich05 aus und die wunderbaren Fotos von Ralph Segert. Immer gedacht, man sollte das 2025 wiederholen, aber sowas lässt sich nicht wiederholen und wenn, wäre es nur wie so ein blödes Klassentreffen. Außer irgendwer hätte eine Idee wie man ein cooles Klassentreffen macht (Will jedenfalls nicht akzeptieren, dass wir jetzt alle alt und uncool sind). Dann noch ein Treffen mit Herrn G. Auch große Freude. Dass neue Leute hinzukommen ist ja vielleicht auch ein Zeichen, dass man noch nicht komplett verstaubt ist.