Auf dem Rückweg vom Meer eine Nacht in Köln verbracht, im Motel One, an das ich seit der WikiCon 2014 angenehme Erinnerungen habe. Ich mag den Innenhof mit den Backsteinbauten und den über alles wachsenden Pflanzen. Am nächsten Tag treffe ich Edmond Goncourt, den ich seit vielen Jahren eher mit einem halben Auge verfolge und der mir vor allem durch seinen eigenweltlichen Blick beim Fotografieren aufgefallen ist, denn seine Texte habe ich nie wirklich gelesen. – Wie schräg das ist, wie man sich selbst im Vorfeld gleich raus sortiert. Immer noch. (Das ist zu abgehoben, das verstehst Du eh nicht usw.). Dabei sind sie eigentlich ganz schön, die Texte. Merke ich… jetzt. – Das Arbeiterkind in mir steht dann auch nervös in der Bahnhofshalle: Ob denn mein bildungsbürgerliches Know How für Smalltalk reichen wird? Ich habe Glück und der echte Goncourt ist geerdet genug, um mich zu entspannen und gebildet genug, um nicht zu langweilen. Sowieso: Was für ein wunderbarer Mensch. Zu Hause merke ich, dass mich seine (wieder) Text-Existenz irgendwie stört. Wäre lieber einfach weiter geschlendert, so plaudernd und schauend und nicht wissend, wo genau ich eigentlich bin. Dafür gibt mir die Unterhaltung einen Ruck, doch noch einen Baum für O. über Kölner Grün pflanzen zu lassen, etwas, das ich schon seit 1 1/2 Jahren plane und immer wieder aufschiebe, natürlich auch wegen der Kosten. Aber wenn Menschen wie Goncourt viel Geld für totes Holz ausgeben können, kann ich das doch auch für lebendiges, oder? (Argumentiere ich mit mir selbst).
[Break: Das erste, das ich sehe als ich die Arbeits-E-Mails öffne: Mein Lieblings-A., der Hausmeister, ist tot, nicht mal 60.]
Martinskirche, Trier
Heute: E. und R. sind mit Wohnmobil ein paar Tage von Ehrenfeld nach Trier gekommen. Letztes Jahr waren beide mein erster Besuch nach dem Frühjahrs-Lockdown, sehr dankbar dafür. Dieses Jahr waren beide die ersten, die ich seit Monaten umarme, wieder sehr dankbar. Es stellt sich raus, dass sie auf der Flucht vor den Wirren der letzten Monate sind, welche sich über den Tisch eines thailändischen Imbiss vor mir ausbreiten. Irgendwo muss der Kram ja hin. Misstrauisch beäugen sie die Zukunft, „was-denn-da-jetzt-noch-kommt“. Nix, sage ich, ab jetzt wird alles besser. Und seltsamerweise fühlt es sich für mich tatsächlich auch so an. Ich rede noch was von SelfCare, weiß aber jetzt schon, dass E. sich nicht dran hält. Was die beiden auszeichnet: Sie sind die einzigsten meiner Bekannten, die die Trierer Stadtwerke besichtigt haben, um die Architektur zu fotografieren. Und Mariahof. Eben doch die besseren Touristen. Kommt bald wieder.